#166 | Was passiert mit deiner Kreativität, wenn’s zu leicht wird – durch KI?
Shownotes
In dieser Folge erzähle ich dir, wie sich mein kreatives Arbeiten verändert hat, seit ich regelmäßig generative KI nutze – und warum das gar nicht immer gut war.
Es geht nicht darum, ob KI gut oder schlecht ist. Sondern darum, was passiert, wenn wir uns zu sehr auf sie verlassen.
In dieser Folge erzähle ich dir,
- warum KI wie ein Fahrstuhl ist, der dir das Treppensteigen abgewöhnt,
- warum weniger Anstrengung auch weniger Können bedeuten kann
- und was du tun kannst, um deine kreative Stärke nicht zu verlieren.
Diese Folge ist keine Technikkritik – sondern eine Einladung, genauer hinzuschauen, was KI mit deinem Handwerk macht.
Wenn du als IllustratorIn, DesignerIn oder kreative selbstständige Person langfristig relevant bleiben willst: Diese Folge solltest du gehört haben.
Alle Infos zur Folge inklusive Links und einem kompletten Transkript findest du in den Shownotes.
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Disclaimer: Der Podcast will und kann eine rechtssichere, psychotherapeutische oder medizinische Beratung nicht ersetzen. Die hier geteilten Inhalte basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind konkrete Einzelfall-Beschreibungen. Deshalb hafte ich nicht für die hier geäußerten Inhalte. Die zur Verfügung gestellten Informationen begründen auch kein Beratungsverhältnis. Bitte triff deine Entscheidungen für dich selbst und hole dir im Zweifelsfall rechtliche oder andersweitige Unterstützung. Die gesammelten Informationen spiegeln den Stand des Veröffentlichungsdatums wider.
Im Portfolio-Podcast erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit mehr Aufträge akquirierst – aber eben auch wie du dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt – auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag von selbstständigen Designer:innen und Illustrator:innen so mit sich bringt.
Franziska Walther ist selbst Designerin, Illustratorin und Autorin – und Expertin für Positionierung und Akquise in der Kreativwirtschaft. Sie unterstützt seit über 10 Jahren Menschen dabei, sich in der Kreativwirtschaft nachhaltig zu positionieren und wirksame Akquise zu machen.
Transkript anzeigen
00:00:00: Dr. Franziska Walther Stell dir vor, du sitzt vor einem Auftrag und mir fällt nichts ein. Keine Idee, kein Konzept. Nur Leere im Kopf. Was machst du dann? Ich habe in den letzten Monaten öfters mal den einfacheren Weg gewählt. Ich habe mir von ChatGPT ein paar Gedanken vorschlagen lassen. Und ja, das hat geholfen erstmal. Aber irgendwann habe ich gemerkt, da geht etwas verloren.
00:00:21: Dr. Franziska Walther Nicht Zeit. Logisch. Mit dem Bot geht irgendwie alles schneller, sondern können geht verloren. Mein kreatives Handwerk. Vor allem dann, wenn ich KI an Stellen im Prozess benutze, in denen es eigentlich wichtig gewesen wäre, weiterzumachen, mich durchzubeißen, mich anzustrengen. Und für mich fühlt sich das so an, als ob mein kreativer Muskel schwächer wird, weil ich weniger trainiere. Und ich habe mich gefragt Was passiert mit meiner Kreativität, wenn alles zu leicht wird?
00:00:51: Dr. Franziska Walther Heute erzähle ich dir ehrlich, was generative KI mit meinem Denken und mit meiner kreativen Arbeit gemacht hat. Und das nicht als Technikkritik, aber eben auch nicht als Technik Hype, sondern als Einladung, mal ganz genau hinzuschauen Wo hilft uns KI wirklich und wo nimmt sie uns etwas ab, was wir eigentlich behalten sollten, was wir eigentlich selbst machen sollten? Es ist persönlich, ehrlich und vielleicht doch ein bisschen unbequem.
00:01:18: Dr. Franziska Walther Aber genau das braucht es manchmal, wenn wir unser kreatives Handwerk kultivieren wollen. Und in diesem Sinne herzlich willkommen im Portfolio-Podcast. Hier fährst du wieder mit deiner kreativen Arbeit gut zu dir passende Aufträge akquiriert und wie du gleichzeitig dafür sorgt, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt. Auch mit dem ganzen Brimborium, den der Berufsalltag einer kreativen Selbstständigkeit so mit sich bringt.
00:01:47: Dr. Franziska Walther Ich bin Franziska Walther. Und jetzt geht's los. Wie gesagt, ich nutze generative KI fast täglich. Was mache ich damit? Hauptsächlich Texte generieren, zum Beispiel für unangenehme Emails oder textliche Zusammenfassungen, aber auch Videos transkribieren damit. KI hilft mir auch schlechtes Audio besser zu machen, Podcast-Kapitel- Marken zu setzen. Und auch für die Captions für meine Social Media Beiträge lasse ich mir gern Vorschläge vom Bot generieren.
00:02:18: Dr. Franziska Walther Und einige Monate lang habe ich hier auch genutzt, um meine Podcast Folgen schneller zu schreiben. Das ist ja das Versprechen der generativen KI, dass sie uns hilft, schneller noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Und das wollte ich. Dabei habe ich ChatGPT nicht in jeder Folge genutzt, sondern vor allen bei den Episoden, bei denen es anstrengend wurde. Da bin ich schnell mal rüber gehüpft zum Chatbot und habe Brainstorming und mir Impulse geben lassen, um beim Schreiben wieder in den Fluss zu kommen.
00:02:50: Dr. Franziska Walther Und nach einiger Zeit fiel mir allerdings eine Sache auf. Die Podcast Folgen wurden dadurch anders. Ganz subtil, aber anders. Es fühlte sich nicht mehr ganz wie meine Stimme und meine Art zu denken an und das ist es ja auch nicht mehr. Thematisch fühlen sich diese Folgen so ein bisschen glatter und allgemeingültiger an und weniger persönlich. Und vielleicht ist das von außen sogar gar nicht fühlbar, Aber ich kann den Unterschied erkennen.
00:03:19: Dr. Franziska Walther Und das hat mich stutzig gemacht. Und seitdem habe ich beim Schreiben ganz genau hingeschaut und mich selbst beobachtet und mich gefragt, wie sich der kreative Prozess verändert durch den Einsatz von Generative KI in meiner Arbeit. Dabei ist mir eine Sache aufgefallen Ich habe auf einmal gemerkt, wie ich in meinem kreativen Prozess auf eine gewisse Art und Weise faul wurde.
00:03:43: Dr. Franziska Walther Den Bot habe ich meistens dann genutzt, wenn mir nicht sofort was eingefallen ist, ich an einer bestimmten Stelle fest gehangen habe oder wenn es anstrengend wurde. Und es hat gar nicht lange gedauert, bis es sich so angefühlt hat, dass meine Fähigkeiten, eine Folge zu schreiben, geschrumpft sind. Vor allen Dingen, weil ich weniger bereit wurde, diese unangenehmen Gefühle auszuhalten.
00:04:06: Dr. Franziska Walther Wenn mir nichts einfällt, ich feststecke oder es anstrengend wird. Und das hat mich wirklich irritiert. Denn wenn ich eins nicht will, dann ist das weniger kreativ werden. Meine kreativen Fähigkeiten trainiere ich seit über 20 Jahren und diese sind nun mal die Grundlage für meine Arbeit und für meinen Beruf. Wenn ich die nicht mehr habe, dann werde ich in meiner Rolle als Autorin, Designerin und Illustratorin obsolet.
00:04:30: Dr. Franziska Walther Das bedeutet die Frage, ob meine Podcastfolge durch den Einsatz von KI jetzt schlechter oder besser geworden sind. Das soll heute gar nicht das Thema sein. Ich möchte heute mit dir darüber sprechen, was generative KI mit unseren kreativen Fähigkeiten macht. Und eine Sache kam bei mir noch mit dazu und die hat wahrscheinlich auch dafür gesorgt, dass ich von Anfang an sensibilisiert war für das Thema kreative Fähigkeiten.
00:04:56: Dr. Franziska Walther Denn im Dezember 2024 habe ich einen Onlinekurs zum Copywriting gekauft. Bei dem wollte ich meine Fähigkeiten gute Marketing Texte zu schreiben ausbauen. Der Kurs war gut und er kam mit vielen Prompts für ChatGPT und mit denen habe ich experimentiert und nach einer Weile wurde mir klar, dass ich jetzt zwar durch den Kurs noch einmal besser verstehe, wie gute Marketing Texte im Detail funktionieren.
00:05:23: Dr. Franziska Walther Aber weil ich selbst nur wenige dieser Texte geschrieben habe und die meisten promotet habe, kenne ich die Qualität jetzt besser. Aber das Schreiben dieser neuentdeckten Qualität fällt mir immer noch schwer, weil ich es nicht geübt habe. Nun kann es natürlich sagen, dass das ja heute gar nicht mehr notwendig ist. Ich kann ja all meine Marketing Texte konnten. Aber wie gesagt, mir geht es hier um was anderes.
00:05:47: Dr. Franziska Walther Nicht um die Frage, ob du generative KI generell nutzen solltest oder nicht, sondern um die Frage, was die KI mit unseren kreativen Fähigkeiten macht. Und ich habe in den letzten Monaten den Eindruck gewonnen, dass ein vermehrter Gebrauch von Generative KI uns Menschen weniger kreativ macht. Und wir schauen heute mal, warum das so ist. Lass uns mal zuallererst beginnen mit so einer grundsätzlichen Frage, nämlich der Frage Was ist Kreativität?
00:06:17: Dr. Franziska Walther Wikipedia beschreibt das so: »Kreativität ist die Fähigkeit, etwas zu erschaffen, was neu oder originell und dabei nützlich oder brauchbar ist, um etwas Neues, Originelles und dabei Nützliches und Brauchbares zu erschaffen.« Dazu brauchen wir nicht nur eine, sondern mehrere Fähigkeiten. Wir analysieren, kombinieren, experimentieren, improvisieren, wir, gestalten und gestalten, um, denken um die Ecke und wagen etwas Neues. Und das Ganze machen wir mit einem spezifischen Mindset, das lösungsorientiert erforscht und neugierig, mutig und mit so wenig Voreingenommenheit wie möglich die Welt betrachtet.
00:07:00: Dr. Franziska Walther Kreativität fordert dabei von der kreativen Person eine gewisse Offenheit und Flexibilität. Verschiedene Lösungsansätze parallel zu durchdenken und auszuprobieren. Und diese Gleichzeitigkeit von verschiedenen Ideen und Ansätzen nennt man auch divergente Denken. Gelingt uns das, dann können wir unkonventionelle, innovative und originelle Dinge erschaffen. Und hier eine kurze Randnotiz in eigener Sache. Wenn du deine kreativen Fähigkeiten zu deinem Beruf gemacht hast, aber neben diesem Potpourri von Fähigkeiten eben auch ein Potpourri von Angeboten hast, also mit so einem Bauchladen alles anbietest, aber dadurch irgendwie auch nichts richtig, dann hilft dir Positionierung dabei, deine Angebote zu sortieren.
00:07:45: Dr. Franziska Walther Und wenn du das mit Unterstützung von mir und zusammen mit anderen ganz tollen Kreativen machen möchtest, dann lade ich Dich ganz, ganz herzlich in die Portfolio-Akademie ein. Die Portfolio-Akademie ist ein 14 wöchige Live Gruppen Programm für Illustratorin und Designer innen und darin positioniert du dich und entwickelst für ausgewählte Angebote eine klare Akquise Strategie, damit du mit diesen Angeboten die Kundinnen erreichst, die das Angebot auch brauchen.
00:08:14: Dr. Franziska Walther Die nächste Portfolio-Akademie startet am 9. September 2025. Aber du kannst dich jetzt schon unverbindlich und für 0 € auf eine Warteliste eintragen. Und es ist auch wirklich eine gute Idee, denn die letzten Male waren die 30 verfügbaren Plätze schon allesamt vergeben, bevor die offizielle Anmelde Zeit überhaupt losging. Das heißt, nur die Menschen auf der Warteliste hatten die Möglichkeit, ihre Teilnahme zu buchen.
00:08:41: Dr. Franziska Walther Die Warteliste und weitere Infos dazu findest du unter www.diegutemappe.de/pa. P wie Portfolio und A wie Akademie. Okay und damit Ende Randnotiz. Weiter geht's. Dieses Potpourri von verschiedenen Fähigkeiten erlaubt uns also unkonventionelle, innovative und originelle Dinge zu erschaffen. Und auch wenn die Kunstgeschichte das oft anders erzählt, so ist Kreativität zuallererst so ein bunter Blumenstrauß von verschiedenen Fähigkeiten.
00:09:12: Dr. Franziska Walther Und kein gottgegebenes Talent. Klar gibt es Menschen, denen es so leichter fällt, kreative Techniken anzuwenden. Aber jeder Mensch hat die Fähigkeit und auch das Bedürfnis, sich kreativ auszudrücken. Und das bedeutet auch, dass jeder Mensch dieses Potpourri von Fähigkeiten auch üben und trainieren kann. Kreativität ist dabei wie ein Muskel. Diesen trainierst du wie auch bei Sit-ups und bei Kniebeugen.
00:09:39: Dr. Franziska Walther Und zwar durch Wiederholung. Durch regelmäßiges Üben baut sich der Muskel auf und durch das kontinuierliche Wiederholen sammelst du auch Erfahrungen, sodass du über die Zeit einerseits mehr Muskelkraft hast, aber eben gleichzeitig auch bestimmte Dinge besser einschätzen kannst. Dabei ist der kreative Prozess keine gerade Linie von A nach B. Es ist ein Prozess, bei dem das Ziel durch den Weg auch verändert werden kann.
00:10:06: Dr. Franziska Walther Am Anfang denkst du vielleicht noch, dass du bei Punkt A startest und bei Punkt B ankommst. Aber mit einigen Umwegen landest du dann am Ende bei Punkt C und dann merkst du dann auch, dass C eigentlich genau die richtige Lösung für dein Design Problem ist. Zeit spielt hier auch eine Rolle. Dabei ist länger nicht unbedingt automatisch besser. Aber auch wenn es in Filmen und Geschichten oft so erzählt wird, dass diese geniale Idee ganz plötzlich und auf einmal da war.
00:10:34: Dr. Franziska Walther Glühbirne und so! Diesem Heureka-Moment ist oft ein längerer Arbeitsprozess vorausgegangen. Und dieser Prozess war mit Sicherheit auch mal anstrengend, weil es sich angefühlt hat, als ob du im Kreis gehst und du vielleicht wusstest noch mal kurz nicht mehr, in welche Richtung du laufen solltest. Kurz und knapp heißt das, du bist mit großer Wahrscheinlichkeit im Prozess einige Male hingefallen und gescheitert?
00:10:59: Dr. Franziska Walther Denn Scheitern gehört zum kreativen Schaffen mit dazu. Kreativ sein ist ja eine Form des Lernens. Und ohne Scheitern und ohne Fehler kannst du nicht lernen. Und hier kommt das erste Dilemma mit der KI im kreativen Prozess. Generative KI verspricht, dass wir nicht mehr scheitern müssen, dass es nicht mehr anstrengend sein muss und dass es immer schnell geht. Und dass dabei gleichzeitig auch noch etwas super Innovatives entsteht.
00:11:29: Dr. Franziska Walther Aber dieses Versprechen kann die KI nicht halten. Aus zwei Gründen. Erstens: KI ist nicht innovativ. Die Ergebnisse, die generative KI erzeugt, verstärken eher das, was eh schon da ist. Und oftmals sind das Dinge, von denen wir eh schon genug haben und eigentlich weniger wollen. Zum Beispiel Diskriminierung, Vorurteile und Stereotype. Dieses Phänomen nennt sich KI-Bias. Das liegt daran, dass die Trainingsdaten, mit denen die KI-Modelle gefüttert werden, unsere aktuelle Gesellschaft widerspiegeln.
00:12:03: Dr. Franziska Walther Also finden sich dort auch in den Daten die Ungleichheiten und Vorurteile wider, die real in unserer Gesellschaft existieren. Diese erkennt die KI dann als Muster und Zusammenhang und übernimmt diese. Und über die Zeit verstärkt die Art und Weise, wie solche Large Language Models wie ChatGPT funktionieren, diese Muster und mit diesen eben auch die Ungleichheiten und Vorurteile. Das US amerikanische Medienunternehmen Bloomberg hat dazu im Jahr 2023 5000 Bilder analysiert, die mit dem KI-Tool Stable Diffusion erstellt wurden.
00:12:40: Dr. Franziska Walther Und dabei hat Bloomberg festgestellt, dass das KI-Modell ethnische und gender-spezifische Ungleichheiten eben nicht nur widerspiegelt, sondern diese auch ganz deutlich verstärkt. Zitat von Bloomberg: »Die Welt wird instabil, die Fusion von weißen CEOs ausgeführt. Weibliche Ärztinnen, Richterinnen und Anwältinnen existieren nur sehr selten. Männer mit dunkler Hautfarbe begehen Verbrechen und Frauen mit dunkler Hautfarbe arbeiten in Fast Food Restaurants.«
00:13:09: Dr. Franziska Walther Das heißt, die KI hat einen Bias. Aber auch die Menschen, die die KI trainieren, haben einen Bias. Auch die Menschen, die die Lage der Models entwickeln, tragen dazu bei, dass die Ergebnisse verzerrt werden. Das passiert zum Beispiel durch die Auswahl an Daten, die in das Modell eingespeist werden. Hier entscheiden ja am Ende Menschen, welche Daten geeignet sind. Und sie entscheiden auch, welche Daten hohe Priorität haben und welche nicht.
00:13:36: Dr. Franziska Walther Das ist aus mehreren Gründen problematisch. Einerseits, weil viele KI-Unternehmen wenig transparent sind, was die Datenlage ihrer Modelle betrifft und auch weil überdurchschnittlich viele Mitarbeitende männlich und weiß sind und mit kulturell bedingten Privilegien leben. Und das macht sie blind für bestimmte Lebensrealitäten und beeinflusst, wie sie die Daten bewerten. Und jetzt denkst du bestimmt Ja, Franziska, Aber was bedeutet denn das für uns IllustratorInnen und DesignerInnen?
00:14:06: Dr. Franziska Walther Ich glaube erst mal grundsätzlich schon, dass es für Kreative relevant ist, sich mit KI auseinanderzusetzen. Aber wir sollten darauf achten, dass wir in der Lage bleiben, kreativ, flexibel und kritisch zu denken und eigene Gedanken und Ideen zu haben. Das ist nämlich eine Sache, die mir aufgefallen ist bei mir selbst wenn ich zu früh den Post nach Ideen frage, dann verliere ich meine eigenen.
00:14:30: Dr. Franziska Walther Es ist so leicht, die Ideen des Chatbots zu übernehmen und das sorgt über die Zeit dafür, dass ich auf eine gewisse Art und Weise lerne, selbst zu denken. Und ohne eigenes Denken gibt es auch keine Innovationen mehr. Denn ja, genau. Haben wir gerade festgestellt, KI-Modelle verstärken das, was da ist. Und vielleicht sagst du ja jetzt mal: Franziska! Ist doch gar nicht schlimm.
00:14:53: Dr. Franziska Walther KI-Tools sind ja auch nur Werkzeuge. Die Innovation entsteht ja dadurch, was die Menschen damit machen. Ja, stimmt. Aber hier kommt noch so eine weitere Sache ins Spiel. Um mit unseren kreativen Fähigkeiten innovative Dinge zu erschaffen, müssen wir scheitern können. Denn wie gesagt, der kreative Prozess, der ist nicht linear und wir müssen aushalten können, dass es auch mal anstrengend ist, wir eine zeitlang den Weg nicht kennen und auch mal drei Runden im Kreis laufen.
00:15:25: Dr. Franziska Walther Das gehört zum kreativ sein dazu. Und all das sind Fähigkeiten, die wir durch generative KI verlernen. Denn die KI tut so, als ob wir nicht mehr scheitern müssen. Besonders vulnerable sind hier Menschen mit einer kreativen Blockade. Denn eine kreative Blockade zeichnet sich dadurch aus, dass die Person ihre kreativen Fähigkeiten nicht mehr abrufen kann, obwohl sie das eigentlich möchte.
00:15:52: Dr. Franziska Walther Deshalb hat sie vielleicht noch Ideen, aber sie kann diese nicht mehr umsetzen. Und ein sehr häufiger Grund für kreative Blockaden ist die Angst vor dem Versagen, vor dem Scheitern, vor Fehlern, die wir machen könnten. Und all das können wir angeblich vermeiden, wenn wir generative KI benutzen. Innerhalb von Sekunden ist das Ergebnis da. Und natürlich können wir jetzt auch weiter daran feilen.
00:16:16: Dr. Franziska Walther Aber gerade in Zeiten, in denen wir vulnerabel sind, wegen Stress, Ängsten und so weiter, neigt unsere menschliche Psyche dazu, den einfacheren Weg zu gehen: den bequemen, den schnellen Weg ohne Scheitern. Was will ich damit sagen? Um langfristig weiterhin starke kreative Fähigkeiten zu kultivieren, müssen wir uns erlauben, dass der kreative Prozess auch mal anstrengend und unbequem ist.
00:16:42: Dr. Franziska Walther Und dazu braucht es Willensstärke und die Bereitschaft, dass es auch zum Beispiel mal länger dauert. Aber die Frage ist natürlich: Wie machst du das? Ich habe dir heute dazu eine schöne Metapher mitgebracht, denn die hilft dir zu entscheiden, wann KI okay und wann nicht. Und die Fahrstuhl-Metapher habe ich mir auch gar nicht selbst ausgedacht. Ich habe vor kurzem ein Interview mit dem US amerikanischen Psychiater Alok Kanojia gehört, in dem er das Benutzen von Generativer KI mit dem Nutzen eines Fahrstuhls vergleicht.
00:17:14: Dr. Franziska Walther Diesen Vergleich finde ich sehr passend, denn er zeigt an, dass es hier nicht darum geht, Schwarz-weiß-Entscheidungen zu treffen im Sinne von Entweder nutze ich generative KI oder ich nutze sie gar nicht. Fahrstuhl fahren machen wir ja alle ab und an. Es ist bequemer und einfacher als Treppe zu laufen. Trotzdem ist vielen Menschen beim Fahrstuhl fahren heute auch klar, dass es eigentlich gesünder wäre, die Treppe zu nutzen.
00:17:39: Dr. Franziska Walther Aber trotzdem nehmen wir ab und an den Fahrstuhl für bestimmte Aufgaben, die sonst deutlich länger dauern würden. Wenn wir zum Beispiel gerade fünf Tetrapak-Kisten gleichzeitig hochtragen wollen oder an Tagen, an denen wir eh schon unser tägliches Pensum gelaufen sind. In der Metapher ist KI also ein neues Werkzeug, das uns Arbeit und Anstrengung abnehmen kann, aber nicht muss.
00:18:03: Dr. Franziska Walther Das haben frühere Werkzeuge auch schon getan. Wenn du, wie ich in den 80er Jahren geboren wurdest, dann kannst du noch die Zeit, in der alle Menschen aus dem Kopf zich Telefonnummern aufzählen konnten. Das kann heute niemand mehr. Aber anders als bei diesen früheren Werkzeugen sind die Fähigkeiten, die durch KI verkümmern, lebensnotwendig. Kritisches Denken ist lebensnotwendig für Menschen. Es ist also nicht schlimm, dass ich heute kaum meine eigene Telefonnummer auswendig aufschreiben kann.
00:18:33: Dr. Franziska Walther Aber wenn es mir nicht mehr gelingt, gute Bild Ideen zu entwickeln und meine eigenen Gedanken klar, nachvollziehbar und spannend in einem Text zu kommunizieren, dann verliere ich Fähigkeiten, die lebensnotwendig sind und gleichzeitig, weil ich ja in der Kreativwirtschaft arbeite, die Grundlage für meinen Beruf sind. Und natürlich verliere ich damit auch die Möglichkeit, innovative Dinge und kreative Lösungen zu entwickeln.
00:18:58: Dr. Franziska Walther Deshalb nutze in der Zukunft gerne die Fahrstuhl-Metapher und diese Fragen-Liste, die ich dir hier gleich vorstelle. Bevor du KI Tools benutzt, frag dich zuallererst, warum du gerade den Fahrstuhl nehmen möchtest. Willst du vielleicht eine Aufgabe, die dich viel Zeit kostet, aber wenig an deinem kreativen Output verändert? Schnell abarbeiten musst du zum Beispiel eine unangenehme Email schreiben.
00:19:26: Dr. Franziska Walther Dann tut die KI deiner kreativen Arbeit nichts. Volle Fahrt voraus. Nimm den Fahrstuhl. Go for it. Aber arbeitest du alternativ an deinem kreativen Output und es ist gerade wirklich anstrengend. Hier ist Vorsicht geboten. In dem Fall solltest du abwägen, ob die Nutzung des Fahrstuhls gerade mehr Vorteile oder mehr Nachteile mit sich bringt. Fraglich ist Die Nutzung des Fahrstuhls ist gerade wert, die Anstrengung zu überspringen.
00:19:54: Dr. Franziska Walther Es wird immer wieder Momente geben, wo du merkst Ja, in diesem Moment ist es mir die Zeitersparnis wert. Letzte Woche zum Beispiel eine erfahrene Kollegin in der Portfolio-Akademie. Und er erzählt, dass sie einen Auftrag, der für ihre Zukunft und für ihre kreative Zufriedenheit wenig wichtig ist, viel schneller abwickeln konnte, weil sie generative KI für die Ideenfindung genutzt hat.
00:20:19: Dr. Franziska Walther Und na klar ist so was okay. Aber gleichzeitig wird es immer wieder auch Situationen geben, wo du merkst: Hmm, hier gefährde ich gerade meine eigenen kreativen Fähigkeiten. Entscheidest du dich in diesem Fall trotzdem, KI zu nutzen? Könnte ja sein. Dann überlege ich hier, ob es etwas gibt, was du ausgleichend machen kannst. Kannst du vielleicht heute Nachmittag noch mal Treppensteigen, anstatt den Fahrstuhl zu nutzen?
00:20:43: Dr. Franziska Walther Was könntest du denn noch tun, um deine kreativen Fähigkeiten heute zu fördern und zu trainieren? Ja, das ist mein Vorschlag. Nutz sehr gern die Fahrstuhl-Fragen. Und jetzt bin ich sehr gespannt. Wie geht sie denn jetzt damit? Und hast du auch schon die Beobachtung gemacht, dass die KI deinen kreativen Prozess verändert? Und wenn ja, wie? Schreib mir gern.
00:21:05: Dr. Franziska Walther Ich bin wirklich, wirklich neugierig. Und wenn du glaubst, dass die heutige Folge auch für eine Kollegin oder Freundin nützlich sein könnte, dann schick diesen Menschen doch sehr gern mal diese Podcastfolge. Damit unterstützt du deine Freundinnen und den Podcast und dafür Danke ich dir von Herzen. Und damit wie gesagt, lass mich wissen, wie es dir damit geht. Und ich wünsche dir für heute erst mal alles Liebe.
00:21:30: Dr. Franziska Walther Wir hören uns wieder. Nächste Woche. Ich freue mich auf dich. Bis dahin. Tschüss.
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