#174 | Danke, Jutta Bauer – über Mentor*innen und den Mut, weiterzumachen

Shownotes

In dieser Folge nehme ich dich mit in eine sehr persönliche Erinnerung: Letzte Woche ist die Illustratorin und Autorin Jutta Bauer gestorben – eine der bekanntesten deutschen Kinderbuch-Illustratorinnen (u.a. mit Büchern wie »Die Königin der Farben«, »Schreimutter«, »Opas Engel«, »Selma«).

Ich durfte bei Jutta studieren, und sie war eine Mentorin, die mich ermutigt hat, an meine eigene kreative Stimme zu glauben – in einer Zeit, in der ich voller Selbstzweifel war.

Vielleicht findest du in dieser Folge auch Anknüpfungspunkte für deine eigene kreative Reise. Es geht darum, warum wir alle Menschen brauchen, die uns bestärken, und wie wertvoll es ist, diese Stimmen ernst zu nehmen – gerade dann, wenn der Weg steinig ist.

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Alle Infos zur Folge inklusive Links und einem kompletten Transkript findest du in den Shownotes.


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Im Portfolio-Podcast erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit mehr Aufträge akquirierst – aber eben auch wie du dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt – auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag von selbstständigen Designer:innen und Illustrator:innen so mit sich bringt.

Franziska Walther ist selbst Designerin, Illustratorin und Autorin – und Expertin für Positionierung und Akquise in der Kreativwirtschaft. Sie unterstützt seit über 10 Jahren Menschen dabei, sich in der Kreativwirtschaft nachhaltig zu positionieren und wirksame Akquise zu machen.

Transkript anzeigen

00:00:00: Dr. Franziska Walther: Heute habe ich eine sehr persönliche Folge für dich. Letzte Woche ist die Illustratorin und Autorin Jutta Bauer im Alter von 70 Jahren gestorben. Eine der bekanntesten deutschen Kinderbuch-Illustratorinnen, die Bücher wie »Die Königin der Farben«, »Schreimutter», »Opas Engel» und »Selma« geschaffen hat. Ich durfte bei Jutta studieren und sie war eine wichtige Mentorin für mich. In dieser Episode möchte ich dir erzählen, was ich von Jutta gelernt habe und warum es so wertvoll ist, Menschen an unserer Seite zu haben, die an uns glauben.

00:00:35: Dr. Franziska Walther: Und vielleicht findest du darin auch Anknüpfungspunkte für deine eigene kreative Reise. Und in diesem Sinne: Herzlich willkommen im Portfolio-Podcast. Hier erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit gut zu dir passende Aufträge akquiriert und wie du gleichzeitig dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt. Auch mit dem ganzen Brimborium, den der Berufsalltag einer kreativen Selbstständigkeit so mit sich bringt.

00:01:07: Dr. Franziska Walther: Ich bin Franziska Walther und jetzt geht’s los. In meiner Küche hängt eine Siebdruck-Postkarte von Jutta an der Wand, auf der ein Bär mit wild rudernden Armen vor einer Biene davonrennt. Eine Neujahrskarte, die Jutta vor vielen Jahren geschickt hat. Die habe ich mir letzte Woche lange angesehen, als ich erfahren habe, dass Jutta Bauer plötzlich und unerwartet durch einen allergischen Schock, ausgelöst durch einen Insektenstich, gestorben ist.

00:01:37: Dr. Franziska Walther: Ich bin wirklich traurig das Jutta nicht mehr da ist, denn ich habe bei Jutta studiert und sie war die erste Person in meinem Design-Studium, die etwas besonderes in meinen Zeichnungen gesehen hat und mich ermutigt hat, weiter zu machen. Im Oktober 2006 kam Jutta Bauer für zwei Semester an die Bauhaus-Universität Weimar. Ich selbst habe zur gleichen Zeit mein Studium der Visuellen Kommunikation dort begonnen, war also ganz frische Design-Studentin.

00:02:05: Dr. Franziska Walther: Das Projekt, in dem ich Jutta kennenlernte, hieß »Die Nase des Buches«. Und in diesen sollten wir Buchcover für Kinderliteratur entwickeln. Aber als ich dann das erste Mal mit Jutta und den anderen im Projektraum saß, wurde mir heiß und kalt, denn ich war innerlich total blockiert und hatte große Angst vor meiner eigenen Courage, jetzt endlich, mit der Illustration zu beginnen. Denn es war wirklich mein allererstes Illustrations-Projekt.

00:02:33: Dr. Franziska Walther: Jahrelang hatte ich davor als Architekturstudentin zu den Illustrator*innen rüber gelunzt und hätte so gerne mitgemacht. Und jetzt saß ich auf einmal da, wo ich immer hin wollte. Das machte die Angst vor dem Scheitern fast unerträglich. Das ist ja oft so bei den Dingen, die uns besonders wichtig sind. Da ist die Angst vor dem Scheitern noch einmal größer, weil einfach mal so viel dranhängt.

00:02:57: Dr. Franziska Walther: Denn was ist, wenn dann rauskommt, dass man das nicht kann, was man sich so sehr wünscht. Und mit diesem Riesen-Blockade-Rucksack auf dem Rücken saß ich bei Jutta im Illu-Projekt und versuchte erst einmal, nicht unangenehm aufzufallen. Um mich herum saßen total talentierte Menschen. Viele von ihnen sind heute bekannte Kolleg*innen und sie waren damals schon richtig gut. Das hat das Imposter-Syndrom aber nur angefeuert.

00:03:24: Dr. Franziska Walther: Meine ersten Cover-Versuche im Projekt zu zeigen hat mich wirklich viel Überwindung gekostet und ganz viel Scham ausgelöst, weil mir klar war, dass da noch ganz viel Potenzial nach oben ist. Einerseits, weil mir das Handwerk und die Übung fehlte. Ich hatte ja vorher noch nie versucht, ein Buchcover zu illustrieren. Und auch, weil man den Blockade-Rucksack in meinen Arbeiten ganz klar sehen konnte.

00:03:47: Dr. Franziska Walther: Vielleicht kennst du das ja auch. Ich hatte einfach so große Angst, nicht gut genug zu sein, dass ich mir selbst total im Weg stand. Aber ich hatte eben auch schon einige Male gehört, dass meine Zeichnungen nicht gut genug sind. Zum Beispiel in der Schule. Dort hatte mich meine Kunstlehrerin zwar dabei unterstützt, meine Bewerbungsmappe für ein Kunststudium zusammenzustellen, aber sie hatte mir auch gesagt, dass mein zeichnerisches Handwerk zu wünschen übrig ließ.

00:04:14: Dr. Franziska Walther: Sie hatte durch meine Mappe geblättert und mir auf gelistet, was alles nicht stimmte. Licht und Schatten konnte ich nicht. Meine Obst-und-Gemüse-Ensemble-Stillleben, die damals in jeder Kunst-Mappe gehörten, waren technisch nicht korrekt. Und außerdem fehlte ganz viel: Akt-Zeichnungen, Textur-Studien und diese ganzen Dinge. Ich habe damals schon eher im Comic-Stil gezeichnet und meine Kunstlehrerin meinte, dass ich damit an einer Kunsthochschule keinen Blumentopf gewinnen würde.

00:04:43: Dr. Franziska Walther: Recht hatte sie. Ich habe mich dann nach dem Abitur an diversen Kunsthochschulen für freie Kunst beworben und wurde überall abgelehnt. Deshalb habe ich dann Architektur studiert. Weil an der Bauhaus-Uni interdisziplinär gelehrt wurde, hatte ich mich auch als Architekturstudentin mehrfach an der Fakultät Gestaltung für Illustrations-Projekte beworben, wurde aber nie genommen. Einmal hatte ich mich sogar getraut, mich persönlich beim Illustrations-Dozenten vorzustellen und mein Portfolio zu zeigen.

00:05:13: Dr. Franziska Walther: Der schaute sich meine Arbeiten an und sagte: Nein ... ich solle unbedingt mal in einen Buchladen gehen und mir erst einmal anschauen, was Buchillustration überhaupt ist. Meine Arbeiten wären da weit von entfernt. Und dann kam Jutta in mein Leben. Jutta konnte unglaublich sicher und mit einer großen Leichtigkeit zeichnen. Aber wenn du ihre Arbeiten kennst, dann weißt du auch, dass ihre Bilder oft ganz simpel und schnell gezeichnet aussehen.

00:05:39: Dr. Franziska Walther: Das heißt nicht, dass das automatisch schnell ging. So zu zeichnen, dass es Leichtigkeit und Klarheit vermittelt, ist eine große Kunst. Und Jutta hat meine Mitstudierenden und mich eingeladen, einfach und mit Leichtigkeit zu zeichnen ... indem sie zum Beispiel im Projekt keinen Wert auf handwerkliche Korrektheit oder technische Perfektion gelegt hat. Und sie hat mit Wohlwollen und Neugierde auf unsere Arbeiten geschaut und das Gute darin gesehen.

00:06:07: Dr. Franziska Walther: Ich glaube, sie hatte dafür einen guten Grund. Im Projekt erzählte Jutta einmal, dass sie es zu Beginn ihres Berufslebens mit ihrem Portfolio selbst gar nicht so einfach hatte, bis sie eines Tages auch ihre Skizzenbücher mit auf die Buchmesse genommen hat. Und in denen steckten schon ihre Figuren und der Stil, für den Jutta heute bekannt ist. Ich habe Jutta vor ein paar Jahren mal zum Thema Buch Illustration interviewt und in diesem Interview erzählte sie, wie schwer es ist, die Leichtigkeit der Skizzen in die finalen Zeichnungen zu übersetzen.

00:06:41: Dr. Franziska Walther: Denn die kleinen gekritzelten Skizzen sind oftmals die schönsten. Im Interview erzählte sie auch, dass es ja heute möglich ist, Skizzen auch zu scannen und dann so lange daran herum zu fuhrwerken, bis man die Skizze in eine Illustration für ein Buch umgewandelt hat. Und sie sagt dann aber auch, dass man total aufpassen muss, dass man die Zeichnungen am Computer nicht ... O-Ton Jutta ... »tot renoviert«.

00:07:06: Dr. Franziska Walther: Damit meinte sie, dass man so lange korrigiert und herum wurschtelt, bis man alles Leben aus der Zeichnung heraus optimiert hat und die fertige Illustration steif und unlebendig wird. Vielleicht kennst du das ja selbst. Skizzen sind oft unperfekt, aber lebendig, haben etwas Besonderes, eine gewisse Ehrlichkeit und auch so eine Sicherheit im Strich. Und wenn du dann versuchst, aus dieser Skizze eine fertige Illustration zu machen, dann geht diese Ehrlichkeit und diese Sicherheit teilweise verloren, weil beim noch einmal durch Zeichnen der Strich härter, fester und kontrollierter wird oder weil beim Kolorieren die Leichtigkeit verloren geht.

00:07:44: Dr. Franziska Walther: Vielleicht passiert das, weil du eine gewisse Idee davon im Kopf hast, wie eine fertige Buchillustration final aussehen soll. Wie der Dozent, der zu mir sagt, ich soll doch erst einmal in den Buchladen gehen und mir Bilderbücher ansehen und lernen wie Bilderbuchillustration auszusehen hat. Und ja, es ist ja auch so eine Schwierigkeit beim Illustrieren. Bücher sind eben nicht mit Skizzen gefüllt, sondern mit Buchillustrationen und die sind mehr als Skizzen.

00:08:12: Dr. Franziska Walther: Die Kunst ist, sie nicht »tot zu renovieren«, wie Jutta das so schön beschrieben hat. Das mag so leicht klingen, ist aber oftmals eine große Herausforderung für Illustrierende – und eine Gratwanderung. Juttas Arbeiten wandern genau auf diesem Grat und das macht sie so besonders. Und damals hat Jutta meine Kommiliton*innen und mich auch eingeladen, diesen Balanceakt zu wagen und zu kultivieren.

00:08:38: Dr. Franziska Walther: Am Ende des Semesters habe ich damals ein Projekt-Tagebuch abgegeben, mit vielen Skizzen und Notizen. Und Jutta mochte es. Und sie hat mir gesagt, dass sie darin etwas erkennt, was besonders ist und dass es wert ist, dem Raum zu geben. Ich glaube, dass sie sich eigentlich nur in eine winzige Zeichnung von einem Pony verliebt hat, aber die hat gereicht, um an mich zu glauben.

00:09:01: Dr. Franziska Walther: Wir alle brauchen solche Menschen, die uns ermutigen und motivieren. Jutta selbst war sehr direkt. Wenn du sie mal kennengelernt hast, dann weißt du, dass sie manchmal auch so ein bisschen bollerig war, genauso wie ihre Figuren. Was sie gedacht hat, hat sie in ihrer direkten Hamburger Art ehrlich herausposaunt und deshalb konnte man sich auch darauf verlassen, dass wenn sie etwas für gut befand, sie das auch so meinte.

00:09:23: Dr. Franziska Walther: Juttas positive Unterstützung hat mir geholfen, weiterzumachen, auch wenn der Weg teilweise steinig war für mich. Denn auch nach Juttas Projekt habe ich noch eine Zeit lang ganz schön viele Absagen für meine Illustrationen eingesammelt. Die neue Illustrations-Dozentin zum Beispiel, die nach Jutta den Lehrauftrag übernommen hat in Weimar, nahm mich nicht ins Projekt, sondern sagte mir wieder: Lern erst mal zeichnen.

00:09:48: Dr. Franziska Walther: Ich habe Jutta nie persönlich gesagt, wie wichtig ihre Unterstützung damals für mich war. Dass es ein Anker war, der mir geholfen hat, auch mit Gegenwind und Stolpersteinen weiter nach vorne zu laufen. Und jetzt ist es zu spät. Und das macht mich traurig. Deshalb spreche ich es hier einmal laut aus: Danke, Jutta! Und dir möchte ich eine Frage stellen.

00:10:11: Dr. Franziska Walther: Welche Person hat dich denn auf deinem Weg unterstützt und dir Orientierung gegeben? Vielleicht ist heute ja ein guter Zeitpunkt, mit Wärme und Dankbarkeit an diese Person zu denken und ihr vielleicht sogar persönlich zu sagen, wie wichtig sie für deinen Weg gewesen ist. Und mit diesen Worten wünsche ich dir für heute alles Liebe. Wir hören uns wieder nächste Woche.

00:10:34: Dr. Franziska Walther: Ich freue mich auf dich. Bis dahin. Tschüss.

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