#178 | Prada, Dior, Hermès: Wie Kalligrafin Natascha Safarik Luxusmarken als Kund*innen gewinnt
Shownotes
Wie schafft man es, als introvertierte Kalligrafin in Wien Kund*innen wie Hermès, Prada oder Dior zu gewinnen – ganz ohne großes Netzwerk oder Connections? In dieser Folge spricht Natascha Safarik (aka Tintenfuchs) über analoge Akquise im digitalen Zeitalter, über den echten Wert kreativer Arbeit – und darüber, warum Können allein nicht reicht, um von der eigenen Kunst zu leben.
Wir sprechen darüber,
- warum Luxusmarken in handgemachter Kalligrafie mehr als »Schrift« sehen,
- welche Fehler viele Kreative bei der Preisgestaltung machen,
- wie du erkennst, was deine Arbeit für Kund*innen wirklich wertvoll macht,
- und wie du auch ohne großes Netzwerk gezielt an gute Aufträge kommst.
Plus: Natascha teilt Einblicke in die erste große Branchenumfrage unter deutschsprachigen Kalligraf*innen – mit überraschenden Ergebnissen, die auch für andere Kreative relevant sind.
🎧 Eine Folge für alle, die als Designerin, Illustratorin oder Künstler*in ihre Akquise ehrlicher, klarer und wirtschaftlich nachhaltiger gestalten wollen.
👉 Zur Branchen-Umfrage: www.tintenfuchs.net/kalligraphie-branchenumfrage-dach/
👉 Mehr Infos zu Natascha findest du hier.
Alle Infos zur Folge inklusive Links und einem kompletten Transkript findest du in den Shownotes.
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Disclaimer: Der Podcast will und kann eine rechtssichere, psychotherapeutische oder medizinische Beratung nicht ersetzen. Die hier geteilten Inhalte basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind konkrete Einzelfall-Beschreibungen. Deshalb hafte ich nicht für die hier geäußerten Inhalte. Die zur Verfügung gestellten Informationen begründen auch kein Beratungsverhältnis. Bitte triff deine Entscheidungen für dich selbst und hole dir im Zweifelsfall rechtliche oder andersweitige Unterstützung. Die gesammelten Informationen spiegeln den Stand des Veröffentlichungsdatums wider.
Im Portfolio-Podcast erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit mehr Aufträge akquirierst – aber eben auch wie du dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt – auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag von selbstständigen Designer:innen und Illustrator:innen so mit sich bringt.
Franziska Walther ist selbst Designerin, Illustratorin und Autorin – und Expertin für Positionierung und Akquise in der Kreativwirtschaft. Sie unterstützt seit über 10 Jahren Menschen dabei, sich in der Kreativwirtschaft nachhaltig zu positionieren und wirksame Akquise zu machen.
Transkript anzeigen
00:00:00: Dr. Franziska Walther: Wie schafft man es, als introvertierte Kalligrafin in Wien, Kund*innen wie Hermès, Prada oder Dior zu gewinnen? Ganz ohne großes Netzwerk oder Eventagentur? Das verrät heute Natascha Safarik am Ende des Interviews. Denn Natascha arbeitet mit Feder und Tinte, liebt das Analoge und hat sich als Kalligrafin erfolgreich im Luxusbereich positioniert. Und das, obwohl sie selbst am liebsten gemütlich mit einer Katze im Schoss im Flanell-Hemd am Schreibtisch sitzt.
00:00:35: Dr. Franziska Walther: Vor ein paar Wochen hat Natascha aber auch noch etwas anderes gemacht. Sie hat nämlich die erste Branchen-Umfrage unter Kalligraf*innen im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Und die Ergebnisse zeigen: Wir kreative – wir müssen was ändern. Natascha und ich reden darüber, warum Können alleine nicht reicht, wie Natascha ihre ersten Kund*innen ganz persönlich akquiriert hat, welche Fehler viele Kreative bei der Preisgestaltung machen und was du konkret tun kannst, um deine Akquise ehrlicher, klarer und erfolgreicher zu gestalten.
00:01:11: Dr. Franziska Walther: Und in diesem Sinne: Herzlich willkommen im Portfolio-Podcast. Hier erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit gut zu dir passende Aufträge akquirierst und wie du gleichzeitig dafür sorgt, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt. Auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag einer kreativen Selbstständigkeit so mit sich bringt. Ich bin Franziska Walther und jetzt geht’s los.
00:01:41: Dr. Franziska Walther: Natascha, Du arbeitest als Kalligrafin. Was bedeutet das denn? Für wen arbeitest du und was machst du für deine Kund*innen?
00:01:48: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich schreib tatsächlich analog mit Feder und Tinte. Und es ist erstaunlich, aber es gibt Abnehmer und Arbeitnehmerinnen dafür. Ich arbeite hauptsächlich mit Event-Agenturen zusammen und beschrifte vor und nach und auch während Veranstaltungen diverse Dinge. Also alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Inzwischen graviere ich auch. Und meine Hauptkunden, die Endkunden, sind Marken im Luxussegment. Das ist vermutlich, weil die sich leisten können, Geld in schöne Dinge zu stecken. Und auch in Erlebnisse.
00:02:30: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich selber bin gar keine Luxus-Nudel eigentlich. Ich sitze am liebsten gemütlich im Flanell-Hemd herum. Aber im Endeffekt: wenn ich schreiben kann, dann ist es mir auch egal, ob ich das jetzt im Flanell-Hemd oder im kleinen Schwarzen mache oder im Weihnachts-Pulli. Da vergesse ich sowieso, wo ich bin und was ich anhabe. Insofern passt das schon.
00:02:55: Dr. Franziska Walther: Wie spannend. Mal so aus dem Bauch heraus, wenn du sagen müsstest: Was ist denn der Mehrwert, den deine Kund*innen einkaufen? Kannst du das so aus dem Stand heraus sagen? Also was meinst du, was ist der Mehrwert? Warum buchen dich Kund*innen?
00:03:12: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Darüber habe ich mir auch schon viele Gedanken gemacht. Und ich glaube, im Endeffekt läuft sich darauf raus, dass es was ist, was die sonst nicht haben und das Geld nicht diesen Skill kaufen kann. Und ich glaube, dass die Kund*innen, die in diese Geschäfte gehen und viel Geld ausgeben, das gewohnt sind, dass man alles mit Geld bekommen kann.
00:03:38: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Aber wenn sie dann sehen, wie dort jemand sitzt und mit Feder und Tinte schreibt, dann ist es was, was fasziniert, weil man eben das nicht einfach so kaufen kann. Und ich glaube, das ist es, was dann die Leute auch anzieht, die Geld haben und die diese Geschäfte besuchen.
00:03:56: Dr. Franziska Walther: Ja, und es ist etwas Exklusives!
00:03:58: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, jedes Teil, was ich beschreibe, ist ein Einzelstück und keine Massenproduktion. Und wenn sie dann noch direkt sehen, wie das handgemacht wird, wenn ich zum Beispiel in den Stores sitze, dann ist das noch mal was anderes, etwas, was Besonders cool ist, glaube ich.
00:04:15: Dr. Franziska Walther: Ah ja, das glaube ich auch. Du hast es auch schon selbst gesagt. Die Experience ist auch Teil des Mehrwerts. Dass man da auch mit dabei ist, wenn es entsteht.
00:04:22: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das glaube ich auch.
00:04:24: Dr. Franziska Walther: Aber du hast ja auch vor kurzem die erste Branchen-Umfrage für Kalligraf*innen im DACH-Raum durchgeführt, im Bereich Deutschland, Österreich, Schweiz. Warum?
00:04:37: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich habe festgestellt, dass in unserem Bereich sehr ungern über Geld gesprochen wird. Und außerdem gibt es in total vielen Branchen immer regelmäßig Umfragen zu dem Thema. Also Branchen-Umfragen. Das wird bei uns so von der Wirtschaftskammer durchgeführt oder von irgendwelchen Design-Agenturen. Und es gibt auch in verwandten Branchen, ich sag jetzt mal Illustration, zum Beispiel ... da finde ich, das ist schon verwandt mit Kalligrafie, weil es hat auch was Analoges,
00:05:08: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: etwas Kreatives ist. Da gibt es ja Honorar-Werke, die veröffentlicht werden. Und in der Kalligrafie gibt es nichts. Das heißt, da fehlen irgendwie die Anhaltspunkte. Und ich habe festgestellt, dass in anderen Ländern, also insbesondere in den USA, da gibt es Kurse zu dem Thema »Pricing in Calligraphy«, und da gibt es solche Branchen-Umfragen. Und bei uns halt nicht.
00:05:33: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und der Moment, wo ich dann wirklich gesagt habe, ich mache das jetzt, weil mit dem Gedanken habe ich schon länger gespielt. Das war in einem Profi-Treff von Kalligraf*innen, die das beruflich machen, wo das Thema war: Wir reden jetzt über Geld. Und dann hat niemand über Geld geredet. Dann ist eine Stunde rum gegangen und niemand hat eine konkrete Zahl genannt, noch nicht mal eine.
00:06:00: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und bei mir sind starke Emotionen immer eine große Motivation. Und ich war dann grantig, wie man auf Österreichisch sagt. Du kennst das Wort, oder? Ich habe dann so einen Grant in mir getragen die nächsten Tage. Der mich da vorangetrieben hat, diese Umfrage tatsächlich zu erstellen.
00:06:22: Dr. Franziska Walther: Ja, ja, das ist ja so ein sehr verbreitetes Phänomen, wahrscheinlich auch so ein kulturelles Phänomen im deutschsprachigen Raum, dass es halt so unüblich ist, über Geld zu sprechen.
00:06:32: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das finde ich furchtbar. Wir profitieren ja eigentlich alle nur davon, wenn da mehr offengelegt wird.
00:06:38: Dr. Franziska Walther: Ja! Und was hast du so rausgefunden in deiner Umfrage? Was verdienen denn so Kalligraf*innen?
00:06:44: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, ich habe nach dem Netto-Jahreseinkommen von Kalligraf*innen gefragt und nach den Stunden-Sätzen und 74,5 % der Kalligraf*innen, die diese Umfrage ausgefüllt haben, verdienen unter 10.000 € im Jahr. Und nur 8,7 % über 30.000 € im Jahr, von den Umfrage-Teilnehmer*innen. Und sehr viele haben auch »Weiß ich nicht« angegeben beim Stundensatz.
00:07:17: Dr. Franziska Walther: Okay.
00:07:17: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich habe mir gedacht, ja okay, ist jetzt vielleicht nicht so schlimm, unter 10.000€, wenn die Leute das alle nur in Teilzeit machen oder so nebenher ein bisschen, als Hobby. Es sind ja auch wahnsinnig viele Frauen unter den Kalligraf*innen dabei und die haben halt traditionell vielleicht noch die Kinderbetreuung inne. Und da gibt es noch Partner*innen, die noch ein Vollzeit-Einkommen haben. Deshalb hab ich mir gedacht, okay, daher wird diese Zahl kommen.
00:07:45: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Aber wenn man dann den Stundensatz abfragt, dann verlangen 34,3 % der Umfrage-Teilnehmer*innen 20 bis 50 Euro die Stunde.
00:07:57: Dr. Franziska Walther: Oh mein Gott!
00:07:58: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und das erklärt dann auch den niedrigen Jahresumsatz, auch wenn man das Vollzeit macht. Und beim Stundensatz haben fast 10 %, genau genommen 9,4 %, auch »Weiß ich nicht« angegeben beim Stundensatz im Studio. Das heißt, die wurschteln da so vor sich hin und haben eigentlich keine Ahnung, was ihre Arbeit wert ist. Ja, das hat mich schon ziemlich schockiert.
00:08:24: Dr. Franziska Walther: Ja, also ich verstehe, wie diese Situation entsteht. Ich glaube, das kennen wir ja alle. Wir wurschteln nämlich alle so sehr gerne so vor uns hin und es ist sehr leicht, die Augen davor zu verschließen, wie viel Zeit man jetzt wirklich in diese eine Sache gesteckt hat. Und wenn man das nicht macht, weiß man halt nicht, was der eigene Stundensatz ist.
00:08:42: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja.
00:08:42: Dr. Franziska Walther: Ich habe da schon auch Mitgefühl für, aber ...
00:08:45: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Natürlich, natürlich.
00:08:46: Dr. Franziska Walther: ... das sind echt erschreckende Zahlen. Denn damit ist ja eine nachhaltige, wirtschaftlich gut aufgestellte Selbstständigkeit einfach nicht möglich. Das ist ja die Einbahnstraße ins wirtschaftliche Unglück.
00:08:57: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das stimmt. Ja. Und was mich da am meisten schockiert hat, ist, dass der Stundensatz sich nicht erhöht bei Leuten, die länger in der Branche tätig sind, also auch bei den Teilnehmer*innen, die seit über 15 Jahren in der Kalligrafie tätig sind, das haben die meisten diesen Stundensatz.
00:09:17: Dr. Franziska Walther: Okay. Wie hast du das denn abgefragt?
00:09:20: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Also ich habe gefragt, wie lange die Leute tätig sind in der Branche und welchen Stundensatz sie haben. Und ich habe dann, weil ich die Korrelation wissen wollte und mir dann irgendwann das auch nicht genug war, einfach nur zu sagen, so viel Prozent machen so viel Prozent ... da habe ich eine Freundin gefragt, die Daten-Analystin ist, ob sie mir diese Korrelationen herausarbeiten kann. Und die hat dann nochmal 15 Stunden reingesteckt in die Programmierung und da kommen dann so schöne Grafiken raus, wo man dann sieht, wie viele von der Gruppe, die unter 10.000 verdienen, schon +15 Jahre tätig sind.
00:10:00: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und so weiter.
00:10:02: Dr. Franziska Walther: Ja, das ist mir aufgefallen, als ich auf deine Umfrage drauf geguckt hab. Es ist unglaublich gut aufgearbeitet. Deswegen: auch für alle Leute, die nicht in der Kalligrafie unterwegs sind. Es lohnt sich wirklich, da auch mal drauf zu gucken, einfach um eine wirklich gut aufgearbeitete Umfrage zu sehen.
00:10:24: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Dankeschön!
00:10:25: Dr. Franziska Walther: Ganz großartig.
00:10:27: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Dankeschön. Ja, ich dachte ursprünglich, das wird nur so ein kleines Ding. Und ich wollte nur so ein paar Eckdaten aufarbeiten. Aber das hat dann so viele Fragen bei mir aufgeworfen, dass ich dann eben meine Freundin mit ins Boot geholt habe. Da bin ich sehr dankbar für. Sie ist auch verlinkt. Wenn ihr eine Datenanalystin braucht: Ksenia Pogorelova ist eure Frau (kseniapogorelova.com).
00:10:48: Dr. Franziska Walther: Ich frage jetzt mal zuerst nach den guten Sachen. Gab es so ein paar Sachen, die dich positiv überrascht haben?
00:10:52: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Was mich positiv überrascht hat bzw. was positiv war, ist, dass die Zufriedenheit mit dem Job eigentlich sehr hoch ist. Also sowohl die Einkommens-Zufriedenheit. Hier habe ich abgefragt: »Wie gut kannst du davon leben?« als auch die Auslastung. Da ist die Zufriedenheit sehr hoch. Also Kalligraf*innen machen ihren Job sehr gerne und das ist ja schon mal was.
00:11:18: Dr. Franziska Walther: Ja, definitiv. Kannst du sagen, wie viele Kalligraf*innen es so über den Daumen gepeilt überhaupt gibt? Das ist ja schon eine sehr nischige Angelegenheit, oder.
00:11:29: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Die das jetzt beruflich machen, meinst du? Das ist wahnsinnig schwer, zu sagen? Also ich habe versucht, die Umfrage so weit wie möglich zu streuen und habe diverse Vereine in Österreich, Deutschland und der Schweiz angefragt, ob sie das über ihren Newsletter ausschicken können. Es waren dann 219 Leute, die diese Umfrage ausgefüllt haben. Also das kann ich sagen. Ob das alle sind, das weiß ich nicht.
00:11:54: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Über 500 haben angefangen, die Umfrage auszufüllen und haben dann abgebrochen. Aber das kann natürlich auch sein, dass es irgendwelche Leute waren, die einfach neugierig waren und da mal drauf geklickt haben. Das mache ich ja auch manchmal, wenn ich irgendeine Umfrage sehe. Und schau dann erst mal. Also ist es wahnsinnig schwer zu sagen, ob das tatsächlich alle sind.
00:12:16: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: In Österreich haben, glaube ich, 24 Leute teilgenommen. Und das deckt sich damit, was ich mir selber auch ausgerechnet habe, also mit den Kolleginnen und Kollegen, die ich kenne. Das kommt ungefähr dahin.
00:12:33: Dr. Franziska Walther: Ja, also ich würde es auch der Illustration zuordnen als Gebiet. Und ich habe ja sehr lange im Vorstand der IO gearbeitet und die IO hat auch so dieses ... es ist gar kein Problem, aber es ist immer so eine Fragestellung ... wie viele Illustrator*innen gibt es denn eigentlich überhaupt im deutschsprachigen Raum? Und das ist echt schwer zu sagen. Man kann ja immer noch so grob schätzen. Und da gibt es halt so grobe Zahlen wie zwischen 4.000 und 5.000.
00:12:58: Dr. Franziska Walther: Ja, und das heißt, das wäre so noch mal in dieser eh schon sehr nischigen Angelegenheit noch mal eine kleinere Nische.
00:13:05: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, also ich glaube, viel mehr wird es wahrscheinlich nicht geben als so 200 bis 300, ja.
00:13:13: Dr. Franziska Walther: Und kannst du uns noch mal so zusammenfassen, was du von den Ergebnissen abgeleitest? Wie viele von diesen 200 bis 300 Kalligraf*innen können denn gut von ihrem Job leben?
00:13:24: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das ist die Frage, ob es das alleinige Haushaltseinkommen ist oder nicht. Ich habe dann auch viel mit anderen Branchen verglichen und ich habe nachgeschaut, was ist eigentlich so zum Beispiel die Armutsgrenze in Deutschland. Und nach dem Bundesamt für Statistik, da ist die Armutsgrenze in Deutschland 2024 1.381 € und das Medianeinkommen liegt bei 2.700 €. So. Und meine Umfrage-Teilnehmer*innen haben einen Median von 6.600 € im Jahr. Und da muss ich jetzt was dazu sagen.
00:14:01: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das hat mir meine Datenanalystin gesagt, das muss ich unbedingt dazusagen. Bei der Annahme einer gleichmäßigen Verteilung innerhalb der Kategorie unter 10.000 € kommt es auf 550 € im Monat. Okay, als Medianeinkommen einer Kalligraf*in.
00:14:20: Dr. Franziska Walther: Also das ist sozusagen der Mittelwert.
00:14:23: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Genau. Also Armutsgrenze 1.381 € Monatslohn netto. Der der Umfrageteilnehmer*innen ist 550 € im Monat.
00:14:36: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: So im Vergleich: Kellner*in in Deutschland = 32.700 € Jahresgehalt. Noch mal Umfrageteilnehmer*innen = 6.600 € im Jahr.
00:14:56: Dr. Franziska Walther: Und wie viele davon ... du hast das schon auch gesagt ... Ich glaube, es waren 8 %. ... Wie viele davon können wirklich davon leben? Also, wie viele kommen auf ein Jahreseinkommen, das realistisch eine Selbstständigkeit finanzieren kann?
00:15:12: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: 8,7 % verdienen über 30.000 im Jahr.
00:15:18: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich würde mal sagen, das ist ein Einkommen, wo man ganz gut damit durchkommt. Und wenn man das jetzt zum Beispiel mit einer angestellten Grafikdesigner*in in Österreich vergleicht, da ist das Jahreseinkommen 34.900€. Und ja, 8,7 % der Kalligraf*innen haben da ein vergleichbares Einkommen. Sagen wir mal so ja.
00:15:41: Dr. Franziska Walther: Wobei man da, finde ich, schon auch noch mal mit rein rechnen muss, dass wenn man angestellt arbeitet ... klar, man hat ein gewisses Risiko, dass man nicht für immer angestellt bleibt, dass man auch gekündigt werden kann ... aber man muss sich weder um den Schreibtisch kümmern, an dem man arbeitet, noch um den Computer oder die Software, die da drauf ist.
00:15:58: Dr. Franziska Walther: Und ich finde, dass das ja bei einer Selbstständigkeit auch immer einfach wichtig ist, das auch noch auf dem Schirm zu haben, dass man da ja auch für diese ganzen Sachen verantwortlich ist und deswegen ja eigentlich mehr verdienen muss.
00:16:10: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, total. Also ich habe das Privileg, dass ich Informationendesign auf einer FH studiert habe und dass da Selbstständigkeit ein großes Thema war. Und wir alles von der Stundensatz-Kalkulation über die Steuer eingetrichtert bekommen haben. Deswegen habe ich im Vorhinein gewusst, was für administrative Aufwände auf mich zukommen. Aber ich würde schon sagen, dass das tatsächliche Schreiben noch der kleinste Teil von meinem Berufsleben ist und all die Dinge wie Kundenakquise und Kommunikation und Rechnungslegung und Webseite bauen und Social Media und so weiter ... all die Dinge, die müssen auch in den Stundensatz mit einfließen.
00:16:54: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und ich glaube, das ist vielen so nicht bewusst. Ich meine, muss es auch nicht, wenn man das nebenbei macht, so unter der Steuergrenze. So ein bisschen. Aber es schadet ja nicht, wenn man, auch wenn man das als Hobby macht, angemessene Stundensätze verlangt. Das ist ja nicht nur gut für die Person, die das verlangt. Weil wenn du dir denkst, ja so ein Taschengeld von 100 € im Monat ist doch total nett. Und so ein Taschengeld von 500 € im Monat wäre doch noch netter.
00:17:25: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Genau. Also dieses Teilzeit- und Hobby-Ding finde ich – das sollte uns nicht daran hindern, mehr zu verlangen für unsere Dienstleistung. Weil eine Stunde von jemandem, die das Teilzeit macht, ist nicht weniger wert als eine Stunde von jemandem, der das Vollzeit macht. Ich meine, dann könnte man auch sagen: Meine Ärztin, die ist jetzt in Altersteilzeit. Soll sie deswegen jetzt weniger Stundensatz verlangen, nur weil sie das Teilzeit macht?
00:17:58: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Oder der Elektriker, wenn der kommt: Ja, Sie sind ja nur Teilzeit-Elektriker. Da zahle ich Ihnen jetzt weniger dafür, dass Sie mir hier diese Leitungen verlegen.
00:18:14: Dr. Franziska Walther: Ja, genau. Und ich glaube, es ist ja auch eines deiner Fazits oder der Umfrage, weil es geht ja nicht nur um den eigenen ... [Musik] Bevor wir gleich darüber sprechen, was Natascha aus ihrer Umfrage gelernt hat und welche konkreten Schritte helfen, die eigene Selbstständigkeit wirtschaftlich tragfähig zu machen, hier eine kurze Randnotiz in eigener Sache: Wenn du jetzt merkst, dass du dich auch wirtschaftlich nachhaltig aufstellen willst, dann komm in die Portfolio-Akademie.
00:18:44: Dr. Franziska Walther: Die Portfolio-Akademie ist mein 14-wöchiges Live-Gruppen-Programm für Illustrator*innen und Designer*innen und darin positioniert du dich. Das bedeutet, dass du Design- und Illustrations-Angebote entwickelst, für die Kund*innen gerne Geld ausgeben, weil deine kreative Arbeit für sie ein wichtiges Problem löst. Und wenn du das gemacht hast, dann entwickelst du dann damit auch eine klare Akquise-Strategie, damit du mit diesen Angeboten genau diese Kund*innen auch erreichst.
00:19:17: Dr. Franziska Walther: Die nächste Portfolio-Akademie startet im Frühling 2026. Aber du kannst dich jetzt schon unverbindlich und für 0 € auf die Warteliste eintragen. Damit bekommst du ein ganz besonderes und unverbindliches Wartelisten-Angebot, wenn’s wieder losgeht. Es lohnt sich also, sich auf die Warteliste einzutragen. Weitere Infos dazu findest du unter www.diegutemappe.de/pa. P wie Portfolio und A wie Akademie. Und damit Ende Randnotiz.
00:19:48: Dr. Franziska Walther: Weiter geht’s. [Musik] Das ist ja auch eines deiner Fazits aus der Umfrage. Weil es geht ja nicht nur um den eigenen Stundensatz. Es geht ja auch darum, bestimmte Branchen-Werte zu erhalten oder zu etablieren.
00:20:02: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja eher zu etablieren in dem Fall.
00:20:06: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das finde ich extrem wichtig. Und es gibt eben so viele Faktoren, die da reinspielen. Und es gibt so viele Sachen, die ich von Kolleginnen und Kollegen schon gehört habe. Ich mache es ja nur so nebenbei und ich mache das ja nur zum Spaß. Ja, aber warum sollte man weniger bezahlt bekommen, wenn man Spaß an seinem Job hat?
00:20:28: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Also ich gehe auch nicht ins Restaurant und sagt zum Koch: Ich habe so das Gefühl, dass Sie das gerne machen, was Sie tun. Da zahle ich Ihnen doch gleich weniger.
00:20:38: Dr. Franziska Walther: Ja, ja, das ist ja, glaube ich, der seltsame Rattenschwanz, der an kreativer Arbeit oft drangehängt, weil es so wie es aussieht, der Person macht es Spaß. Und die Arbeit dadurch irgendwie weniger Wert bekommt.
00:20:49: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Total.
00:20:50: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich glaube, das ist in der Illustration ja auch so ein Ding und sogar im Grafikdesign. Und ich glaube, das ist was, was die gesamte Kreativbranche betrifft.
00:21:01: Dr. Franziska Walther: Ja.
00:21:02: Dr. Franziska Walther: Was braucht es denn, damit wir das ändern können? Was hast du so für Rückschlüsse aus deiner Umfrage gezogen?
00:21:08: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich glaube, dass Weiterbildung und Kommunikation die zwei Dinge sind, die am wichtigsten wären. Dass die, die bisher noch nix mit diesem ganzen wirtschaftlichen Blabla am Hut hatten, sich auch mal damit auseinandersetzen. Es gibt ja im Internet genug Stundensatzkalkulatoren und auch die schon erwähnten Honorar-Werke. Dass man sich das einfach mal anschaut und vergleicht mit anderen kreativ Berufen. Aber auch mit anderen handwerklichen Berufen, die vielleicht eine vergleichbare Ausbildung haben, sage ich jetzt mal. Wo die Ausbildung so lang dauert, wie ich jetzt übe, um eine Schrift ordentlich zu beherrschen.
00:21:57: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das sollte man nicht unterschätzen, wie viel Arbeit da eigentlich drinsteckt. Und dass man sich anschaut, was verdienen jetzt zum Beispiel ein Schlüsseldienst in Wien, das habe ich zufällig nachgeschaut. Das sind 130,99€ die Stunde zuzüglich Anfahrt. Aber wenn wir das vergleichen, sagen wir jetzt mal 20€ die Stunde. Hab ich jetzt weniger Zeit mit dem Studium von diversen Schriften usw. verbracht als der Schlüsseldienst mit dem Schloss?
00:22:28: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich glaube ja nicht. Also warum ist es weniger wert? Und das miteinander sprechen! Und das halt immer und immer wieder. Also du rechnest was aus, dann besprichst es mit den Kolleg*innen. Dann noch ein bisschen Recherche, dann besprichst es wieder mit den Kolleg*innen. Also der Austausch ist wahnsinnig wichtig. Das habe ich eben auch im Rahmen dieser Branchentreffen gemerkt.
00:22:56: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und ich finde, es sollte ein bisschen selbstverständlicher sein, dass man da auch drüber spricht über das Geld.
00:23:02: Dr. Franziska Walther: Ja, das ist eine total gute Schlussfolgerung. Aber was schon auch, glaube ich, passieren kann, wenn das jetzt Leute hören, ist, dass da ganz viel Scham entsteht, wenn man sagt: Oh mein Gott, ich glaube, ich arbeite für viel, viel zu wenig. Und Scham sorgt dafür, dass alles zugeht. Meiner Erfahrung nach ist es auch deshalb total entlastend, sich mit Kolleg*innen auszutauschen.
00:23:28: Dr. Franziska Walther: Zu merken, dass man damit erstens nicht alleine ist, weil: Wir haben alle schon mal für zu wenig gearbeitet. Da muss man sich nichts vormachen.
00:23:35: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das stimmt.
00:23:37: Dr. Franziska Walther: Ganz oft dreht sich das dann ganz schnell, dass es tendenziell eher motivierend ist. Erstens sich mit den anderen austauschen zu können, zu merken, man sitzt zusammen in einem Boot. Und dann auch zu sehen, dass es Leute gibt, die einfach mehr damit verdienen und die das hinbekommen. Das kann ja total motivieren und man braucht ja auch solche Vorbilder.
00:23:53: Dr. Franziska Walther: Man braucht ja sozusagen das Wissen, dass das geht, damit man sich selbst erlaubt, dorthin zu laufen.
00:23:58: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, es ist lustig, dass du das sagst. Ich habe gestern die Umfrage vorgestellt in dem Typografie-Verein und auf einer der Folien steht auch ganz fett drauf: Es geht.
00:24:09: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Weil es haben ja nicht alle so niedrig geantwortet. Aber ich sag auch ehrlich, ich habe auch total Angst gehabt mit diesen Umfrageergebnissen, dass sich dann die Leute abschrecken und dass sie sich dann eben schämen, wie du sagst. Und das ist aber überhaupt nicht meine Absicht, dass ich irgendwen da beschämen will dafür, was sie verlangen. Weil ich eben glaube, dass es wahnsinnig viele Faktoren gibt, die da mit reinspielen.
00:24:33: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ein paar davon habe ich ja schon erwähnt: eben Partner*innen, die mehr verdienen. Und Unwissen. Und auch Kommentare von anderen Menschen, keinen Plan haben. Und das ist alles nachvollziehbar und verständlich. Und wie gesagt, es ist ein Privileg, dass ich diese Themen auf der FH behandelt habe. Glücklicherweise. Aber wenn man sich nie damit beschäftigt und wenn man da irgendwie aus dem Hobby einfach so rein rutscht, ja, woher soll man denn das alles wissen?
00:25:02: Dr. Franziska Walther: Ja, was ich halt total hilfreich finde, ist, dass es ja zwei Sachen gibt, über die man das ganze beeinflussen kann. Und über die eine Sache hat man total viel Kontrolle und über die andere Sache, die stellt sich sehr individuell dar bei jeder Person. Und zwar ist es einmal der Jahresumsatz und der Stundensatz. Beim Stundensatz, da gibt es einfach so eine untere Grenze und die darf man nicht unterschreiten, wenn man etwas anbietet, was eine professionelle Leistung ist, für die andere Leute bezahlen.
00:25:29: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das ist wahr.
00:25:30: Dr. Franziska Walther: Und der Jahresumsatz, also wie viel man im Jahr einnehmen muss, ist total abhängig von der eigenen individuellen Situation. Und ja, die Familienkonstellationen sind unterschiedlich. Manchmal kann man gar nicht so viel arbeiten, wie man möchte. Manchmal ist man total privilegiert und muss nicht so viel arbeiten, wie man möchte. Und das ist alles total okay und individuell. Aber der Stundensatz ist das, worüber man die Kontrolle hat und damit schützt man aber auch alle um sich herum.
00:25:54: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das ist ganz meine Meinung und man schadet einfach auch den Kolleginnen und Kollegen, wenn man zu wenig verlangt. Und ich finde, es ist schon noch wichtig, das zu sagen. Weil meiner Erfahrung nach sind Kalligraf*innen ja nette Menschen. Also ich habe sehr wenige getroffen, mit denen ich nicht konnte und deswegen glaube ich auch, die wollen nicht den Kolleg*innen schaden.
00:26:18: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Wir sind ja alle Freunde, oder?
00:26:21: Dr. Franziska Walther: Total. Ich finde es immer wieder so überraschend, weil ich finde schon, dass es da einen Unterschied gibt zwischen der Design-Welt und der Illustrations-Welt. Und in der Illustration sind einfach ausschließlich nette Menschen unterwegs. Es ist gut, dass du das noch mal sagst, dass es gar nicht darum geht, Scham zu erzeugen, sondern dass es darum geht, von der anderen Seite drauf zu gucken und zu sehen, wie können wir gegenseitig für uns ein Raum gestalten, der für uns alle gut ist.
00:26:45: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, und uns auch gegenseitig den Rücken stärken. Nach der Präsentation gestern haben dann auch einige Leute gemeint: Ja, aber wie mache ich das jetzt? Wie hebe ich das jetzt an? Und da war es gut, dass dann einige da waren, die dann Tipps gegeben haben. Und das ist total wichtig und super, wenn sich dann auch die Leute zu Wort melden, die schon zu den oberen 8 % gehören und da auch Mut machen. Weil: es geht.
00:27:15: Dr. Franziska Walther: Ja, ja, genau. Wie gesagt, ich finde es total wichtig. Ich hatte eine Kollegin, mit der habe ich zusammen studiert und die hat relativ früh einen sechsstelligen Illustrations-Auftrag akquiriert. Und für mich war sie meine Heldin und es war für mich so wichtig zu wissen, dass das geht. Da war auf einmal eine Tür auf, wo ich so dachte: Ja, ich weiß, es ist nicht leicht, dorthin zu kommen.
00:27:35: Dr. Franziska Walther: Das ist ihr auch nicht einfach so in den Schoss gefallen, denn dafür hat sie echt hart gearbeitet. Aber das war für mich so hilfreich zu wissen, das geht. Aber, weil du das gerade gesagt hast: Ich würde dich auch total gern noch mal fragen, wie du das machst. Ich habe mir deine Kund*innenliste angeguckt und das ist total beeindruckend, für wen du arbeitest.
00:27:57: Dr. Franziska Walther: Du hast das ja vorhin schon gesagt ... dass du vor allen Dingen im Bereich Mode und so im Luxussegment arbeitest ... ich nenne mal ein paar Kund*innen: Louis Vuitton, Ferrari, Chanel, Dior, Prada, Tiffany, aber auch so Swarovski und auch Ikea, Coca Cola, also große globale Marken. Wie machst du das? Wie machst du Akquise?
00:28:19: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Zuerst mal: Ich bin eigentlich introvertiert und ich sitz auch am liebsten im stillen Kämmerchen und schreib vor mich hin. Aber für die Akquise habe ich wirklich meinen ganzen Mut zusammengenommen und ganz am Anfang habe ich schicke Portfolios drucken lassen und das war echt viel Geld für mich. Damals. Und darin habe ich mich präsentiert, als Expertin quasi. Und dann habe ich noch Hand beschriftete Umschläge gemacht und da kamen die Portfolios rein.
00:28:51: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und ich bin dann tatsächlich in Wien ... im Goldenen Quartier heißt es, wo diese ganzen Luxusmarken sind ... da bin ich tatsächlich in die Läden rein. War ungefähr so angezogen wie jetzt im Flanell-Hemd und gemütlicher Jeans und so. Also ich habe überhaupt nicht so in dieses Bild reingepasst der Leute, die da normalerweise diese Boutiquen betreten. Ich bin da hingegangen und habe gesagt: Hier ist mein Portfolio, bitte geben Sie das der Marketing-Person, die dafür verantwortlich ist.
00:29:21: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich mache Kalligrafie und ich glaube, es wäre super cool, wenn Sie das Ihren Kund*innen anbieten würden. Und ich habe da eine erstaunlich hohe Rücklaufquote gehabt, also zwischen 1% und 10%, je nach Jahr. Also wasschon krass ist.
00:29:37: Dr. Franziska Walther: Das ist total gut.
00:29:39: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, und dieser persönliche Aspekt war das sehr wichtig. Dass jemand sich die Mühe macht, dahin zu gehen. Also ich bin inzwischen weg von der Kaltakquise und habe sehr viel Zeit in SEO (Search engine Optimisation) gesteckt. Das hat sich auch niedergeschlagen auf die Anfragen. Und inzwischen halt auch Empfehlungen. Aber am Anfang war das echt sehr viel Arbeit, da herum zu spazieren. Ich habe eine gigantische Excel-Liste an potenziellen Kund*innen bzw. Kontakte, die ich kontaktieren wollte und habe.
00:30:19: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich habe mich ja gefragt, wer kann und mag sich so was leisten? Und bin dann systematisch wirklich diese Leute durchgegangen. Und es war sehr viel Überwindung.
00:30:33: Dr. Franziska Walther: Wie cool! Also ich glaube auch, dass die beste Kaltakquise die ist, die so nah wie möglich dran ist an der Person, also so persönlich wie möglich.
00:30:43: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich tu mir tatsächlich auch leichter, dass ich wohin gehe, als dass ich wo anrufe. Also telefonieren ist aus irgendeinem Grund, wie für viele introvertierte Menschen schwer.
00:30:55: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ich will nicht anrufen, da gehe ich lieber persönlich hin.
00:31:00: Dr. Franziska Walther: Für mich ist telefonieren auch die Hölle und ich weiß gar nicht warum. Und du hast recht, ich finde es auch, wenn ich jetzt darüber nachdenke, finde ich persönlich irgendwo hinzugehen komischerweise auch leichter als anzurufen. Warum ist das so?
00:31:13: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Vielleicht ist es leichter, weil man eben die Mimik vom Gegenüber einfach überhaupt nicht interpretieren kann. Und ja, wenn man ihn persönlich sieht, dann merkt man schon gleich – ist die Körpersprache eher ablehnend oder offen. Und am Telefon absolut keinen Plan.
00:31:30: Dr. Franziska Walther: Ja, stimmt! Und das ist halt auch wenn man irgendwo hingeht, dann kann man sich so langsam so ranrobben und erst mal die Lage checken.
00:31:36: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Das stimmt. Stimmt, da kann ich noch eine Viertelstunde herumeiern vor der Boutique, bevor ich reingehe. Aber telefonisch. Wenn jemand abnimmt, dann ist sofort: Zack.
00:31:46: Dr. Franziska Walther: Genau. Ich finde es total gut, dass du mal so eine prozentuale Rücklaufquote nennen kannst. Das können, glaube ich, ganz viele nicht, weil ganz viele dokumentieren ihre Akquise gar nicht, obwohl das so sinnvoll wäre. Und ich glaube, ganz oft hat man ja auch, wenn man sich noch nie damit beschäftigt hat, so eine absurde Idee davon, wie hoch so eine Rücklaufquote in der Kaltakquise sein sollte.
00:32:11: Dr. Franziska Walther: Und 10 % sind halt richtig, richtig gut.
00:32:15: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, je nach Runde. Also ich mache das immer so in Schwüngen und arbeite dann halt mal so knapp 50 Leute durch. Und 10 % war bei einem so einem Schwall tatsächlich mal. Aber 1 % hatte ich auch schon mal.
00:32:29: Dr. Franziska Walther: Es hat natürlich auch immer so ein bisschen Branchen-abhängig und so, aber auch total normal in der Kaltakquise.
00:32:35: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Vor allem, wenn man bedenkt, es ist ein sehr nischiges Produkt oder eine sehr nischige Dienstleistung. Brauchen tut es ja niemand, aber die Leute müssen es halt wollen. Ja, und wer will das und wer kann sich es leisten. Das, finde ich, sind die zwei Fragen, die ich bei der Akquise für mich am wichtigsten finde und die mir am meisten gebracht haben.
00:33:00: Dr. Franziska Walther: Das sind auch zwei echt gute Fragen. Und es ist total schön, dass du sozusagen Akquise gemacht hast, die gleichzeitig auch noch mal den Wert deiner eigenen Arbeit repräsentiert. Wenn du die Briefumschläge auch selbst beschriftet hast, dann ist das ja sozusagen auch noch mal eine Referenz für deine Arbeit.
00:33:17: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das hab ich mir auch gedacht. Die müssen es halt sehen. Und ich glaube, so richtig vorstellen können sich das die wenigsten. Wenn man sagt: Ja, ich mache Kalligrafie beruflich. Dann sieht man die Fragezeichen in den Gesichtern. Was ist das? Was tust du da? Und weil man dann das auch gleich herzeigen kann, dann hilft es schon.
00:33:40: Dr. Franziska Walther: Ja, wobei ich glaube, das ist am Ende das, was man ziemlich allgemeingültig für ganz viele Design-Branchen sagen kann. Wir als Kreative denken immer: Ist doch total klar, was meine Arbeit bringt. Aber die andere Seite weiß das ganz oft einfach nicht.
00:33:55: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, ich glaube auch.
00:33:57: Dr. Franziska Walther: Und weil du es vorhin gesagt und ich glaube, dass jetzt hier einige mithören und sich fragen: Wie hat Natascha das denn gemacht? Weil du gemeint hast, du arbeitest auch für Eventagenturen. Was sind da so die Üblichkeiten? Wie kontaktiert man die tatsächlich?
00:34:09: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Auch über Kaltakquise. Und bei den Event-Agenturen war wahnsinnig viel Zufall bei mir. Das muss man auch sagen, dass es manchmal einfach Glück ist. Du bist irgendwo und dann triffst du jemanden von der Eventagentur. Da habe ich ein Beispiel: eine Agentur, da habe ich alles versucht, um an die ranzukommen. Ich habe denen per Post das Portfolio geschickt. Genau das habe ich nämlich auch gemacht.
00:34:36: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Also bei denen, die ich nicht persönlich erreichen konnte, habe ich Briefe geschickt, die ich grafisch adressiert habe, damit gleich von vornherein klar ist: Das ist nicht eine billige Postwurfsendung, sondern da hat jemand Arbeit reingesteckt. Und bei dieser Eventagentur, da hatte ich mindestens zwei Briefe geschickt, zahlreiche Emails geschrieben, auf LinkedIn kontaktiert: Hey, ich will mit euch zusammenarbeiten.
00:35:05: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Alles vollkommen egal. Ich war dann auf einer Veranstaltung vom Endkunden engagiert und die Eventagentur hatte da auch ihre Finger mit im Spiel. Und da habe ich dann zwei Leute von der Agentur persönlich kennengelernt und bin dann draufgekommen. Bei denen hängt das Portfolio noch immer an der Wand, weil sie es so schön fanden. Aber es kam nie zu einer Zusammenarbeit.
00:35:35: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und nach diesem persönlichen Treffen dann schon. Ja, die sind inzwischen eine meiner besten Kund*innen, weil die auch genau das Segment bedienen, das ich auch anspreche. Also sehr viel Glück, aber auch Briefakquise.
00:35:54: Dr. Franziska Walther: Das ist so spannend, dass du das erzählst, weil ich glaube schon, dass man hier ableiten kann, dass es nicht nur darum geht, dass die Arbeit gut ist, sondern dass die menschliche Komponente auch unglaublich wichtig ist. Und über die hat man ja erst sozusagen die Möglichkeit, das einschätzen zu können, wenn man sich mal persönlich getroffen hat.
00:36:15: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Absolut. Ich glaube das auch. Und das ist auch teilweise wirklich schwer, finde ich, dass man da auch an die richtigen Leute kommt. Ich meine, es gibt zwar Netzwerktreffen. Aber dort sind dann oft Leute aus derselben Branche. Und es ist sehr, sehr schwierig in Netzwerktreffen von anderen Branchen reinzukommen, die potenzielle Kund*innen sind. Da kommt man sich ja auch ein bisschen blöd vor.
00:36:42: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Wenn ich da jetzt in eine Eventagentur-Netzwerk-Cocktail-Party reinkrache, weiß ich auch nicht, wie gut es ankommt. Ja, aber ja. Wie du sagst, die persönliche Komponente ist extrem wichtig. Da bleibt dann auch einfach mehr im Gedächtnis.
00:37:01: Dr. Franziska Walther: Ja, total.
00:37:02: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Im Optimalfall.
00:37:04: Dr. Franziska Walther: Ja, ich glaube auch, es ist keine so gute Idee, irgendwie so rein zu krachen.
00:37:08: Dr. Franziska Walther: Im Sinne von: Tadaa, jetzt bin ich hier. Ich passe eigentlich gar nicht hierher ...
00:37:13: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: ... aber ich will euch meine Dienstleistung vorstellen. Da kommt man sich dann vor wie so ein Staubsaugervertreter, der an der Tür klingelt. Wollen Sie jetzt dieses Schuhbürsten-Set für 99,90€ erwerben? Ja, genau.
00:37:29: Dr. Franziska Walther: Ich glaube, das ist keine gute Idee. Das, was man tun kann, ist allen Leuten um einen herum zu erzählen, was man tut. Und das immer wieder. Und mit vielen Menschen in Kontakt sein und ein gutes Netzwerk haben, was man pflegt, was auch dadurch immer größer wird. Ich glaube, das ist das, worüber man Kontrolle hat. Und dann ist es auch einfach eine Frage von Glück, dass man dann irgendwann am richtigen Ort zur richtigen Zeit ist. Darüber hat man ja keine Kontrolle.
00:37:57: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Aber was ich festgestellt habe und was sehr deprimierend ist, ist das Können und Skill alleine einfach nicht ausreichen. Das ist wie in der Schule schon oder im Studium. Wenn du einen schlechten Inhalt hast, den du super präsentierst, dann kriegst du die bessere Note, als wenn du einen super Inhalt hast, aber das schlecht präsentierst. Weil deine Powerpoint grauenhaft ausschaut oder weil du einfach die ganze Zeit herum stotterst. Die souveränen, selbstbewussten Leute, die nicht mal so gut sein müssen, die haben immer mehr Erfolg.
00:38:37: Dr. Franziska Walther: Ja, ich verstehe, dass du sagst, dass das deprimierend ist. Ich finde, es gibt einen guten Grund dafür. Ich verstehe, dass die andere Seite mit einer Person zusammenarbeiten möchte, die Souveränität und Selbstsicherheit ausstrahlt in ihre eigenen Fähigkeiten. Ich kann nachvollziehen, dass das für die Jund*innen ein Entscheidungsgrund ist. Es ist auf eine gewisse Art und Weise auch entlasten, dass ich mir nicht darüber Gedanken machen muss, dass ich jetzt hier die tollste Zeichnerin der Welt sein muss, sondern dass meine Persönlichkeit und wie ich auftrete, eben einen ganz großen Anteil daran haben, wie meine Arbeit wahrgenommen wird und dass es meine Verantwortung ist zu sagen: Das, was ich hier mache, das hat Wert.
00:39:19: Dr. Franziska Walther: Das macht für Sie das und das und das. Aber dass es eben auch etwas ist, wofür ich die Verantwortung übernehmen kann. Also es also ist nicht so gottgegebenes Talent, was ich habe oder was ich eben nicht habe.
00:39:30: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, das stimmt. Wirklich, auch wenn es jetzt auch für mich eins der schwierigsten Dinge ist, da selbstbewusst aufzutreten. Aber man kann dran arbeiten. Es ist was, wenn du weißt, da hapert’s bei mir, dann kannst du dran arbeiten.
00:39:47: Dr. Franziska Walther: Ja, ich bin Auch eine ganz introvertierte Person und ich war früher gleichzeitig auch noch fürchterlich schüchtern und total unsicher. Und ich finde es aber total schön zu sehen, Ja, man kann daran arbeiten, das kann sich verändern. Introvertiertheit bleibt immer bei einem, aber Unsicherheit geht halt, wenn man sich damit beschäftigt.
00:40:08: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Stimmt, damit kann man arbeiten.
00:40:09: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Und je öfter man selbstbewusst auftritt, desto leichter geht es auch. Also so blöd dieser Spruch ist, aber »Fake it, till you make it«. Beim Selbstbewusstsein ist das wirklich wahr.
00:40:23: Dr. Franziska Walther: Ja, ja und sich Zeit dafür nehmen. Es hat ja meistens auch Gründe, warum man so ist, wie man ist. Und ich bin ja ein großer Fan von Therapie. Ich finde, wenn man da merkt, dass man Unterstützung braucht, ist es halt auch einfach total gut, sich diese Unterstützung zu holen und das hilft halt auch.
00:40:45: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, ich wollt gerade dasselbe sagen, dass mich persönlich Therapie auch sehr weit gebracht hat.
00:40:55: Dr. Franziska Walther: Ach danke, Natascha, das ist total großartig, dass du uns ja Einblick gegeben hast in deine Arbeit, aber auch in diese Umfrage. Ich danke dir total dafür, auch für die Arbeit, die du damit gemacht, dass es einen ganz großen Wert für die gesamte Branche.
00:41:08: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Sehr gern.
00:41:09: Dr. Franziska Walther: Kannst du es noch mal sagen? Wo finden denn die Menschen, die sich jetzt die Umfrage angucken wollen, die Umfrage?
00:41:14: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, die ist ganz leicht zu finden. Und zwar auf meiner Website. www.tintenfuchs.net/Kalligraphie/Branchen Umfrage-Dach ... und sonst einfach auf meine Website und dann auf Blog klicken. Da kommt es auch genau.
00:41:37: Dr. Franziska Walther: Ich verlinke es auch noch mal in den Shownotes. Und für alle die, die jetzt sozusagen deine Arbeit unterstützen wollen – was können wir denn als einzelne Person dafür machen?
00:41:46: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Die Umfrage so gut teilen wie möglich? Ich möcht gern alle Kalligraf*innen damit erreichen, für die das irgendwie relevant sein könnte, egal ob die jetzt total erfolgreich sind oder wie so viele im stillen Kämmerlein herum werkeln. Ich glaube, wir können alle davon profitieren. Deswegen wär das Teilen wirklich das Beste, was ihr für mich tun könnt.
00:42:10: Dr. Franziska Walther: Genau, dann macht das bitte alle!! Teilt Nataschas Umfrage!! Und hier vielleicht auch noch mal ein Dankeschön an Chris Campe, weil Chris Campe hat nämlich Nataschas Umfrage mit mir geteilt. So ist es bei mir angekommen.
00:42:21: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Dankeschön, Chris. Ich bin auch ein Riesenfan von Chris.
00:42:26: Dr. Franziska Walther: Ja, Chris macht tolle Sachen. Vielen, vielen Dank, Natascha.
00:42:30: Natascha Safarik aka Tintenfuchs: Ja, sehr gerne.
00:42:31: Dr. Franziska Walther: Dass du dir die Zeit genommen hast und überhaupt für für deine Arbeit. Danke schön.
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