Wenn der Löwe im Kopf brüllt – wie du als kreative Selbstständige*r deine Freude am Machen zurückgewinnst
Shownotes
Viele kreative Selbstständige kennen das: Der Beruf, der sich einmal nach purer Freude angefühlt hat, wird mit der Zeit zu einem Marathon aus Deadlines, Feedbackrunden und Dauerstress. In dieser Folge spreche ich darüber, warum dein Nervensystem der Schlüssel zu deiner Kreativität ist – und wie du verhindern kannst, dass sie im Alltagsdruck verloren geht.
Du erfährst:
- warum Stress deinen kreativen Zugang blockiert,
- wie du erkennst, wann dein innerer »Fight-or-Flight-Modus« aktiv ist,
- und wie du dir einen sicheren Raum für deine kreative Energie schaffst – damit die Freude bei dir bleibt.
Diese Folge ist für dich, wenn du als Illustrator:in oder Designer:in selbstständig bist und spürst, dass dir manchmal die Inspiration abhanden kommt. Du lernst, wie du deine kreative Energie langfristig pflegst, statt sie im Berufsalltag zu verbrennen – und warum das nicht nur deiner Kunst, sondern auch deiner Positionierung hilft.
👉 Erwähnt in der Folge: Das kostenlose Portfolio-Live-Review am 20. November 2025 – melde dich an unter www.diegutemappe.de/live
Alle Infos zur Folge #181 inklusive Links und einem kompletten Transkript findest du in den Shownotes.
Im Portfolio-Podcast erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit mehr Aufträge akquirierst – aber eben auch wie du dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt – auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag von selbstständigen Designer:innen und Illustrator:innen so mit sich bringt.
Dr. Franziska Walther ist selbst Designerin, Illustratorin und Autorin – und Expertin für Positionierung und Akquise in der Kreativwirtschaft. Sie unterstützt seit über 10 Jahren Menschen dabei, sich in der Kreativwirtschaft nachhaltig zu positionieren und wirksame Akquise zu machen.
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Disclaimer: Der Podcast will und kann eine rechtssichere, psychotherapeutische oder medizinische Beratung nicht ersetzen. Die hier geteilten Inhalte basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind konkrete Einzelfall-Beschreibungen. Deshalb hafte ich nicht für die hier geäußerten Inhalte. Die zur Verfügung gestellten Informationen begründen auch kein Beratungsverhältnis. Bitte triff deine Entscheidungen für dich selbst und hole dir im Zweifelsfall rechtliche oder andersweitige Unterstützung. Die gesammelten Informationen spiegeln den Stand des Veröffentlichungsdatums wider.
Transkript anzeigen
00:00:00: Dr. Franziska Walther: Viele kreative Selbstständige verlieren im Laufe ihres Berufslebens etwas, das sie am Anfang niemals in Frage gestellt hätten. Und zwar die Freude am Machen. Warum das passiert, hat weder was mit Motivation noch mit Leidenschaft zu tun, sondern mit deinem Nervensystem. In dieser Folge erfährst du, was in deinem Körper passiert, wenn du unter Druck kreativ arbeiten musst und wie du diesen Mechanismus so beeinflusst, dass du langfristig inspiriert bleibst.
00:00:32: Dr. Franziska Walther: Aber bevor wir damit loslegen, möchte ich dich noch ganz schnell einladen. Denn alle drei Monate mache ich etwas, was andere kostenpflichtig anbieten. Da reviewe ich live ein echtes Portfolio – kostenlos, vor allen, die zuschauen möchten. Eine Person bekommt direktes Feedback. Die anderen schauen zu und lernen mit. Das nächste Portfolio-Live ist am 20. November 2025 und du kannst dein Portfolio einreichen oder wie gesagt einfach nur zuschauen.
00:01:03: Dr. Franziska Walther: Mehr Infos dazu findest du unter www.gutemappe.de/live, also L I V E. Und ich freue mich, wenn du mit dabei bist. Und damit ... herzlich willkommen im Portfolio-Podcast. Hier erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit gut zu dir passende Aufträge akquiriert und wie du gleichzeitig dafür sorgt, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt.
00:01:30: Dr. Franziska Walther: Auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag einer kreativen Selbstständigkeit so mit sich bringt. Ich bin Dr. Franziska Walther und jetzt geht’s los. Diese Woche habe ich wieder eine Email mit einer Frage bekommen von Ulli. Und Ulli fragt: Liebe Franziska, wenn die Leidenschaft zum Beruf wird, wie wichtig wird dann ein kreativer Ausgleich? Und wenn wir unsere Kreativität im Beruf tagtäglich nutzen, wo kommt denn dann die neue Inspiration her?
00:02:01: Dr. Franziska Walther: Liebe Grüße, Ulli. Und ja, wie immer heißt Ulli natürlich eigentlich anders. Aber Ulli fragt eine wichtige Frage. Denn ja, wenn du deine Kreativität zum Beruf machst, dann verändert sich etwas Grundsätzliches. Wie bei dem meisten auch, war ja bei dir der Grund, warum du dich mit etwas Kreativem selbstständig gemacht hast, bestimmt auch, dass du besonders viel Freude daran hast, mit deinen Händen und mit deinem Kopf etwas Kreatives zu schaffen.
00:02:31: Dr. Franziska Walther: Wenn du dich dann aber mit diesen Fähigkeiten selbstständig machst, dann nutzt du auf einmal deine Kreativität eben nicht mehr nur aus Freude und aus der reinen Lust am Machen, sondern du nutzt sie auch, um knappe Deadlines zu halten, um kritisches Feedback von Kund*innen zu verarbeiten. Wirtschaftlichen Kostendruck zu kalkulieren und Konkurrenz auszuhalten. All das sind Dinge, die Stress auslösen.
00:02:56: Dr. Franziska Walther: Kommt der akute Stress ab und an auch geballt – was in einer Selbstständigkeit recht normal und wenig überraschend wäre – dann aktiviert diese in deinem Körper spezifische Stressreaktion. Diese werden auch Fight-, Flight-, Freeze- oder Fawn-Modus genannt und ob diese anspringen oder nicht, kannst du dir nicht aussuchen, denn diese sind angeborene Mechanismen, mit denen dein Körper auf gefährliche Situationen reagiert.
00:03:26: Dr. Franziska Walther: Sie haben also ganz früher in der Savanne dafür gesorgt, dass wir nicht vom Löwen aufgefressen wurden. Und bist du zum Beispiel in deinem Auftrag mit der super knappen Deadline vor Augen gestresst, dann setzt dein Körper durch den Fight-or-Flight-Modus schlagartig massenhaft Adrenalin und Cortisol frei, damit du auch genug Energie für den Deadline-Endspurt bzw den Löwen-Kampf hast.
00:03:52: Dr. Franziska Walther: Aber nicht nur das. Gleichzeitig werden in deinem Gehirn die Bereiche aktiviert, die für fokussiertes analytisches Denken zuständig sind. Denn das brauchst du, wenn du gerade vor dem sprichwörtlichen Löwen stehst, der dich fressen will. Denn in so einer Situation musst du natürlich in Sekundenbruchteilen entscheiden können, ob du die Konfrontation suchst oder ob du davon rennst. Und das ist wichtig zu verstehen, weil: es wird dir in so einem Stress-Moment nur sehr, sehr schwer gelingen, dir ein super innovatives Konzept für eine Gestaltung oder eine Illustration auszudenken.
00:04:29: Dr. Franziska Walther: Denn deine Überlebensstrategien sind aktiviert und die Bereiche in deinem Gehirn, die für kreatives Denken zuständig sind, die sind offline. Zwar kannst du auch mit diesem super fokussierten analytischen Denken der Stressreaktion kreative Ideen haben. Also dir könnte zum Beispiel ein besonders kreativer Weg einfallen, wie du vor dem Löwen davon rennst. Aber wirklich innovative, einzigartige und expressive Ideen werden in dem Moment nicht aufploppen, oder es ist zumindest sehr, sehr unwahrscheinlich.
00:05:03: Dr. Franziska Walther: Denn das macht ja auch Sinn. Diese Überlebensstrategien sind genau dafür da. Sie sichern das Überleben. Das ist ihr Zweck und ihr Fokus. Auch sind sie nur für kurze Momente und nicht für die Daueranwendung gedacht. Eine kreative Selbstständigkeit dagegen ist aber nun mal ein Dauerzustand und einer, der regelmäßig auch Stress auslöst. Das sorgt für eine Herausforderung, mit der sich kreative, selbstständige Menschen auseinandersetzen müssen.
00:05:33: Dr. Franziska Walther: Denn damit deine Kreativität dauerhaft gesund bleibt und du sie konstant abrufen kannst, brauchst du regelmäßige Entspannung und ein Gefühl von Sicherheit in deinem Berufsalltag. Nur damit kannst du dann auch die Bereiche in deinem Gehirn nutzen, die kreatives Denken ermöglichen. Das ist nämlich gar nicht analytisch und fokussiert und auf Überleben ausgerichtet, sondern assoziativ, intuitiv, ergebnisoffen und experimentell. Und die Freude, wegen der du überhaupt deinen kreativen Beruf gewählt hast, auch die lebt in den Teilen des Gehirns, die für kreatives Denken zuständig sind.
00:06:17: Dr. Franziska Walther: Deshalb braucht es, wenn du dich selbstständig machst, eine Veränderung in dir. Du brauchst einen anderen Umgang mit deiner eigenen Kreativität. Denn dein Freude geleitetes kreatives Denken kannst du nur aktiv nutzen, wenn sich der Nervensystem sicher fühlt. Wenn du also weißt, dass gerade kein Löwe bzw. kein Kunde im Gebüsch sitzt. Machst du das nicht, dann passiert es gar nicht mal so selten, dass auf dem Weg irgendwann die Freude komplett verloren geht.
00:06:48: Dr. Franziska Walther: Weil du zu oft in diesen Stress-Reaktionen bist und deine Kreativität zu selten in einem entspannten Rahmen da sein darf. Und ja, natürlich gilt es, das zu vermeiden. Und bevor wir schauen, wie du das machst, lohnt sich ein kurzer Blick darauf, was Kreativität eigentlich ist. Denn dann wird es auch leichter zu verstehen, was du da eigentlich schützen und kultivieren willst.
00:07:12: Dr. Franziska Walther: Deshalb lass uns mal auf die Frage schauen: Was ist Kreativität? Ich persönlich mag die Definition von der US-amerikanischen Social-Science-Wissenschaftlerin Brené Brown. Sie beschreibt Kreativität als das Mittel, mit dem Menschen ihre Seele mit der Welt teilen. Das ist eine sehr poetische und wunderschöne Perspektive, oder? Ja. Dagegen klingt die Definition von Kreativität in der klassischen Kreativitätsforschung schon deutlich weniger poetisch.
00:07:42: Dr. Franziska Walther: Hier wird Kreativität als die Fähigkeit beschrieben, mit der Menschen etwas Neuartiges und Nützliches entwickeln. Um so origineller und eigenständiger eine Idee ist, desto kreativer ist sie auch. Nun ja, also so richtig glücklich scheint niemand mit dieser Definition zu sein, denn alleine bei Poesie funktioniert sie schon nicht mehr. Denn wie nützlich oder angemessen kann und muss ein Gedicht denn sein?
00:08:09: Dr. Franziska Walther: Und wer zur Hölle soll das bewerten? Deshalb sagen einige Forscher*innen auch, dass das Ergebnis von Kreativität nicht zwingend einen Nutzen mitbringen muss, sondern auch einen überraschenden, authentischen oder auch ästhetisch Wert haben kann. Ja, na ja, das ist ein ganz schönes Begriffs-Mischmasch. Und um das irgendwie konkreter fassbar zu machen, nutzen viele Wissenschaftler*innen für Kreativität auch das Konzept des divergenten Denkens.
00:08:39: Dr. Franziska Walther: Wenn du in der Lage bist, divergent zu denken, dann bist du in der Lage, viele mögliche Lösungen für ein Problem oder eine Frage zu finden. So wird Kreativität denn auch im Labor getestet. Menschen bekommen einen Gegenstand und sollen möglichst viele andere Anwendungsbeispiele für diesen Gegenstand finden. Also zum Beispiel bekommen sie eine Socke und sie sagen dann: Hm, ja, diese könnte man ja auch als Teefilter benutzen oder eben auch als Schutzhülle für ein Handy.
00:09:10: Dr. Franziska Walther: Wenn du also divergent denkst, dann ist dir klar, dass es üblicherweise nicht nur eine einzige und richtige Lösung gibt, sondern du erlaubst dir, offen und neugierig mit Ideen und Konzepten zu experimentieren, um möglichst viele Lösungen zu finden. Damit du das mit deinem divergenten Denken auch schaffst, brauchst du dazu auch eigene Erfahrungen und Erinnerungen. Kreative Ideen entstehen oftmals durch Assoziationsketten, Neuinterpretationen oder durch die Kontextualisierung von Erfahrungen, Erinnerungen, Gefühlen und Wissen.
00:09:47: Dr. Franziska Walther: Und um all das irgendwie unter einen Hut zu bringen, braucht es ein ergebnisoffenes, assoziatives und flexibles Vorgehen. Du gehst also keinen direkten Weg von A nach B, sondern du gehst non-linear vor. Der kreative Prozess ist also eher so ein Zick-Zack-Weg mit einigen überraschenden Trampelpfaden und Abkürzungen, von denen du beim Loslaufen noch nicht wirklich was wusstest.
00:10:13: Dr. Franziska Walther: Wir begeben uns also beim kreativen Machen auf einen Weg, ohne das Ziel zu kennen. Und diese Ergebnisoffenheit ist ganz charakteristisch für kreatives Denken. Und ja, alle Menschen sind in der Lage, kreative Lösungen zu entwickeln. Und es ist auch klar, dass Kreativität eine menschliche Fähigkeit ist, die zumindest in Teilen trainierbar ist. Aber nicht alle Menschen machen ihre Kreativität zum Beruf.
00:10:43: Dr. Franziska Walther: Und ja, klar, auch wenn die meisten Tätigkeiten vom kreativen Denken profitieren – auch in der Mathematik oder in der Buchhaltung gibt es natürlich kreative Lösungen. Aber nur in den wenigsten Berufen ist Kreativität eine Kern-Leistung. Bei Menschen, die ihre kreative Leidenschaft zum Beruf gemacht haben, ist das aber so. Sie nutzen ihre kreativen Fähigkeiten jeden Tag und werden explizit dafür bezahlt.
00:11:09: Dr. Franziska Walther: Sie müssen die Kreativität also auf Knopfdruck abrufen und sie bewusst und zielgerichtet einsetzen können. Denn wenn der Kostenvoranschlag zum Beispiel sagt, dass du für diesen Auftrag nur zwei Tage zur Verfügung hast, dann hast du als selbstständige Person eben auch die Aufgabe auf dem Schreibtisch hier total diszipliniert innerhalb dieses 16-Stunden-Fensters eine Lösung zu entwickeln. Und zwar eine, mit der deine Kund*innen auch zufrieden sind – und nicht nur du.
00:11:40: Dr. Franziska Walther: Durch diese Berufsanforderung bewegen sich kreative Selbstständige sehr flexibel und ständig zwischen zwei Zuständen. Wir oszillieren sozusagen ständig hin und her zwischen diesem linearen, fokussierten, zielgerichteten Auftragsprozess inklusive dem analytischen Denken, das da stattfindet und dem ergebnisoffenen, non-linearen kreativen Prozess. Und da ständig hin und her zu hüpfen, das ist gar nicht so leicht. Und im stressigen Berufsalltag wird es auf Dauer für viele Kolleg*innen immer schwerer, diese Beweglichkeit und das flexible Hin- und Herspringen zu erhalten.
00:12:21: Dr. Franziska Walther: Klappt das dann nicht mehr so gut, dann geht irgendwann die Freude und die Inspiration verloren. Und auf einmal ist der Traumberuf, der früher so viel Freude gemacht hat, nur noch Arbeit und auch nicht besser als der Brotjob, den man vielleicht davor hatte. Um das zu verhindern, braucht es eine bewusste Entscheidung. Es ist sinnvoll, für unsere Kreativität einen sicheren Ort zu schaffen.
00:12:47: Dr. Franziska Walther: Das ist ein Ort, wo es weder Deadlines, kritisches Feedback, noch wirtschaftliche Zwänge gibt. Und auch im Gebüsch sitzende Löwen sind hier nicht erlaubt. In diesem Raum darfst du spielen und deiner Freude folgen. Die Ergebnisse dürfen hässlich werden und sie müssen nichts leisten. Deshalb macht es auch nichts, wenn deine Ergebnisse weder nützlich noch authentisch noch ästhetisch wertvoll sind.
00:13:12: Dr. Franziska Walther: Du darfst auch arbeiten, wegschmeißen oder Unnützes aufheben. Und ja klar, in diesem Raum darfst du auch neugierig alles lernen, worauf du Lust hast. Aber du darfst eben auch scheitern. Mit Pauken und Trompeten. Und es wird niemand sehen. Hier darfst du Regeln brechen, Dinge wiederholen oder eben auch nicht. Dich treiben lassen und die Zeit vergessen. Und ja, ich habe so einen Raum erst seit wenigen Jahren.
00:13:39: Dr. Franziska Walther: Denn auch wenn ich schon immer parallel zu meinen Auftragsarbeiten freie Projekte gemacht habe, bei mir waren das vor allen Dingen meine eigenen Bücher, habe ich erst, seitdem ich eine tägliche Skizzenbuch-Routine habe, so einen sicheren Raum. Mit meiner täglichen Skizzenbuch-Routine, mit den hässlichen Zeichnungen, habe ich mit meiner Freundin und Kollegin Tina Anas ... Ja, wann war das ... 2020 ... begonnen?
00:14:04: Dr. Franziska Walther: Also vor knapp fünf Jahren. Und seitdem ist mir eine Sache aufgefallen. Denn damit dieser Raum für die Kreativität wahrhaft sicher ist, braucht er eine wichtige Sache. Und zwar: kein Publikum. Denn ja, bei den freien Projekten, wie bei meinem Pony-Buch-Projekt zum Beispiel, gibt es ja Publikum. Und spätestens seitdem ich den Vertrag dazu unterschrieben habe, gibt es auch Deadlines und Feedback und einen Zweck.
00:14:31: Dr. Franziska Walther: Das Buch soll ja erscheinen. Und deshalb nutze ich hier meine Kreativität nicht ausschließlich nur für mich. Und das sorgt dafür, dass hier auch wieder Stress entsteht. Der Raum, der wirklich stressfrei ist, weil er nur für mich ist, das ist aktuell nur mein Skizzenbuch. Und hier möchte ich kein Publikum. Denn nehmen wir mal an, ich würde jetzt hier regelmäßig oder vielleicht auch nur ab und an Publikum in mein Skizzenbuch einladen.
00:14:56: Dr. Franziska Walther: Das würde bedeuten, ich würde dann vielleicht darüber nachdenken, mein heutiges Experiment morgen gleich auf Instagram zu posten. In so einem Fall verliert der Raum diesen sicheren Rahmen, denn es wäre sehr normal, dass ich dann auch schon wieder darüber nachdenke, was die anderen Kolleg*innen dazu sagen werden auf Instagram. Oder ob Kund*innen davon beeindruckt sind. Und mit dem Stress ploppt dann auch sofort diese innere kritische Stimme im Kopf auf.
00:15:24: Dr. Franziska Walther: Denn der innere Kritiker ist eng verknüpft mit dem fokussierten analytischen Denken deiner Stressreaktion. Der will eigentlich nur, dass du nicht vom Löwen gefressen wirst. Aber er behindert dich eben auch, die Bereiche in deinem Kopf zu aktivieren, die kreatives Denken ermöglichen. Und wenn du dort bist, dann verstummen die kritischen Stimmen und du vergisst die Zeit um dich herum. Wie gesagt, damit der Raum für deine Kreativität wirklich sicher ist, ist deshalb erst einmal nur eine einzige Person dort erlaubt.
00:15:56: Dr. Franziska Walther: Du selbst. Und vielleicht denkst du jetzt: Was? Franziska, heißt das, dass ich die Ergebnisse, die in diesen Räumen stehen, wirklich niemals und niemanden zeigen darf? Doch! Darfst du. Aber mit dieser Einschränkung: Warte! Mindestens für ein paar Wochen. Ich habe zum Beispiel mit meiner täglichen Skizzenbuch-Praxis die Erfahrung gemacht, dass es einen großen Unterschied macht, wenn ich mir erlaube, dass meine täglichen Zeichnungen erst einmal wirklich nur für mich sind.
00:16:24: Dr. Franziska Walther: Denn dann finde ich es nicht so schlimm, wenn sie mal wieder so richtig vor den Baum geht und ziemlich hässlich geworden ist. Aber es passiert ab und an, dass ich sie dann eben doch ein paar Wochen später in meinem Newsletter zeige oder auf Instagram als Story poste. Und interessanterweise stresst mich das dann nicht mehr. Da ist irgendwie deutlich mehr Abstand da.
00:16:43: Dr. Franziska Walther: Und natürlich kann ich auch bewusst auswählen. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass ich hier wirklich vorsichtig sein muss. Mein Skizzenbuch ist mein sicherer Raum für meine Kreativität. Was hier drin passiert, geht eigentlich niemanden etwas an und diese Sicherheit wird mir, umso länger ich jetzt auch schon tagtäglich zeichne, immer heiliger. Und deshalb jetzt mal die Frage an dich: Hast du denn so einen sicheren Raum für deine Kreativität als einen Raum, wo du dich traust, auch mal etwas so richtig Hässliches oder Unnützes zu machen oder wo du einfach mal was ausprobierst, selbst wenn du gerade noch nicht weißt, was du damit eigentlich erreichen willst?
00:17:22: Dr. Franziska Walther: Ulli hat übrigens in der Email auch geschrieben, dass Ulli angefangen hat, Makramee zu knüpfen und das sehr genießt, weil die Hände und der Kopf weiterhin beschäftigt sind und es ausnahmsweise mal nichts mit Malen zu tun hat. »Und die Freude etwas kreatives geschaffen zu haben, ist dennoch da.« Und ich würde sogar sagen: nicht dennoch, sondern gerade deshalb. Was würde dir also so richtig Freude machen?
00:17:48: Dr. Franziska Walther: Das ist die Frage, die ich dir heute mit auf den Weg gebe. Zusammen mit deinem Tipp: Schau mal ganz, ganz weit in die Vergangenheit. Als ich diese Woche darüber nachgedacht habe, was mir wirklich Freude macht, habe ich mich erinnert, was mir als Kind besonders viel Freude gemacht hat. Und zwar so sehr, dass ich die Zeit dabei vergessen habe.
00:18:07: Dr. Franziska Walther: Als Kind folgen wir intuitiv der Freude. Das ist eine Fähigkeit, die wir uns als Erwachsene oft erst wieder zurückerobern müssen. Und damit bin ich gespannt, was du diese Woche für dich herausfinden wirst. Berichte gerne mal ... und wenn du einen Menschen kennst, der sich auch mehr Freude beim Kreativsein wünscht, dann schick dieser Person doch gerne mal diese Podcastfolge.
00:18:29: Dr. Franziska Walther: Damit unterstützt du deine Freund*innen und Koll*eginnen und den Podcast ... und ich danke dir von Herzen dafür. Und damit wünsche ich dir für heute alles Liebe. Wir hören uns wieder nächste Woche. Ich freue mich auf dich. Bis dahin. Tschüss.
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