Drei Standbeine und trotzdem klar positioniert: Wie Susanne zwischen Illustration & Fotografie ihren eigenen Weg geht

Shownotes

Susanne Krauss arbeitet seit über 30 Jahren als Kreative – mit drei Standbeinen: Illustration, Porträtfotografie und Geburtsfotografie. In dieser Folge sprechen wir darüber, wie sie es schafft, zwischen diesen Welten klar sichtbar zu bleiben, ohne sich selbst zu verbiegen oder ihre Kund:innen zu verwirren.

Wir reden darüber:

  • warum mehrere kreative Standbeine kein Chaos bedeuten müssen
  • wie Susanne ihre Schwerpunkte immer wieder neu justiert
  • weshalb Akquise für sie mehr mit Beziehung als mit Strategie zu tun hat
  • und warum ihre wichtigste Entscheidung oft nicht »mehr«, sondern »ehrlicher« heißt

Susanne teilt ganz offen, wie sie mit Erwartungen, Sichtbarkeit und auch Zweifeln umgeht – und warum sie heute lieber ihrem inneren Kompass folgt als irgendeiner Marketingprognose.

Diese Folge ist für dich, wenn du:

  • vielseitig arbeitest und dich trotzdem klar positionieren möchtest
  • spürst, dass deine Kreativität mehr als eine Schublade braucht
  • dich nach einem entspannteren Umgang mit Sichtbarkeit sehnst

Am Ende zeigt Susanne, warum echte Verbindung entsteht, wenn du dich nicht kleiner machst, sondern dich so zeigst, wie du wirklich bist – mit Ecken, Erfahrung und eigener Handschrift.

Hier geht’s zu Susannes Instagram-Kanal mit über 185.000 Followers, über den sie im Podcast spricht. Hier findest du ihrem Geburtsfotografie-Kanal und den Kanal zu ihrer Geburtsfotografie-Masterclass.



Alle Infos zur Folge #183 inklusive Links und einem kompletten Transkript findest du in den Shownotes.

Im Portfolio-Podcast erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit mehr Aufträge akquirierst – aber eben auch wie du dafür sorgst, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt – auch mit dem ganzen Brimbamborium, den der Berufsalltag von selbstständigen Designer:innen und Illustrator:innen so mit sich bringt.

Dr. Franziska Walther ist selbst Designerin, Illustratorin und Autorin – und Expertin für Positionierung und Akquise in der Kreativwirtschaft. Sie unterstützt seit über 10 Jahren Menschen dabei, sich in der Kreativwirtschaft nachhaltig zu positionieren und wirksame Akquise zu machen.


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Disclaimer: Der Podcast will und kann eine rechtssichere, psychotherapeutische oder medizinische Beratung nicht ersetzen. Die hier geteilten Inhalte basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind konkrete Einzelfall-Beschreibungen. Deshalb hafte ich nicht für die hier geäußerten Inhalte. Die zur Verfügung gestellten Informationen begründen auch kein Beratungsverhältnis. Bitte triff deine Entscheidungen für dich selbst und hole dir im Zweifelsfall rechtliche oder andersweitige Unterstützung. Die gesammelten Informationen spiegeln den Stand des Veröffentlichungsdatums wider.

Transkript anzeigen

00:00:00: Dr. Franziska Walther: Kann man klar positioniert sein mit drei kreativen Standbein. Ja, das geht. Und zwar auch, ohne sich dabei total zu zerfransen oder Kund*innen zu verwirren. In dieser Folge spreche ich mit Susanne Krauss. Sie ist Illustratorin, Autorin, Porträt- und Geburts-Fotografin. Und sie zeigt uns, dass Vielseitigkeit kein Bauchladen sein muss, sondern auch eine bewusste Entscheidung für den eigenen Weg sein kann.

00:00:28: Dr. Franziska Walther: Und der eigene Weg, der muss eben nicht gerade sein. Susanne und ich, wir sprechen darüber, wie du sichtbar bleibst, wenn du mehr als nur eine Sache machst, wie du dich klar positioniert, ohne dich dabei kleiner zu machen oder auch lauter werden zu müssen. Und wir reden auch darüber, warum Susanne lieber ihrer Handschrift vertraut als irgendwelchen schnellen Marketingstrategien.

00:00:53: Dr. Franziska Walther: Susanne hat Porträts von Persönlichkeiten wie Jane Goodall, Udo Lindenberg oder Charlotte Roche fotografiert und als Illustratorin eine Community mit über 185.000 Menschen auf Instagram aufgebaut. Und zwar nicht, weil sie irgendwelchen Trends hinterherläuft, sondern weil sie sich erlaubt, so zu arbeiten, wie es sich für sie stimmig anfühlt. Und wenn du dir auch wünschst mit deiner kreativen Arbeit mehr Menschen zu erreichen, und zwar ohne dich dabei ständig mit anderen messen zu müssen, dann ist diese Folge für dich – und zwar nicht als Blaupause, sondern als Einladung, den eigenen Weg ernst zu nehmen.

00:01:34: Dr. Franziska Walther: Und in diesem Sinne: Herzlich willkommen im Portfolio-Podcast. Hier erfährst du, wie du mit deiner kreativen Arbeit gut zu dir passende Aufträge akquirierst und wie du gleichzeitig dafür sorgt, dass dein Herz weiterhin für deine kreative Arbeit brennt. Auch mit dem ganzen Brimborium, den der Berufsalltag einer kreativen Selbstständigkeit so mit sich bringt. Ich bin Dr. Franziska Walther und jetzt geht’s los.

00:02:03: Dr. Franziska Walther: Susanne, du bist ja seit Anfang der 90er Jahre selbstständig und hast über 100 Kinderbücher illustriert. Die wurden auch in viele Sprachen übersetzt. Du bist aber gleichzeitig auch Porträt-Fotografin und hast Menschen wie Robert Habeck, Udo Lindenberg, Charlotte Roche, Werner Herzog, Thomas Gottschalk und sogar die britische Forscherin Jane Goodall porträtiert. Und zusätzlich bist du auch noch Geburtsfotografin, hast also auch noch ein drittes Standbein.

00:02:30: Dr. Franziska Walther: Wie machst du das denn? Wie bespielst du gleichzeitig so erfolgreich drei verschiedene kreative Identitäten?

00:02:37: Susanne Krauss: Ja, das klingt mehr für den Moment, wenn man das alles aufzählt, als es ist. Ich trenne das ja auch. Also ich mache das nie alles gleichzeitig. Ich weiß nicht, ob andere das schaffen können. Ich schaffe es nicht, sondern ich mache das abwechselnd. Und nur ganz selten überschneiden sich die Dinge. Und auch nicht unbedingt, weil ich das will, sondern weil einfach die Termine das dann halt so so ergeben.

00:02:59: Susanne Krauss: Genau. Also wenn ich Geburten habe, dann kann ich nebenbei gut zeichnen, weil man ja in der Geburtsbereitschaft ist. Man weiß ja nie, wann das Baby kommt. Dann kann man parallel zum Beispiel illustrieren oder auch noch ein paar Familien-Shootings machen. Aber ich würde niemals in dieser Zeit ein Porträt-Shooting planen, wo ja dann vielleicht auch noch Visagist*innen und die Person selber natürlich auf den Termin getaktet sind.

00:03:20: Susanne Krauss: Und genau so: Eine Buch-Abgabe würde ich jetzt auch nicht mit einem Geburtstermin überschneiden, weil da kann man die Termine ggf. nicht halten. Und wenn sich es nicht überschneidet ist das für mich so, dass es sich eher gegenseitig befruchtet und dass ich daraus die Chance gewinne, immer den Schwerpunkt so zu setzen, auf das, was ich machen will.

00:03:40: Susanne Krauss: Im Idealfall. Was mir grad ... das klingt jetzt blöd ... aber am besten tut.

00:03:45: Dr. Franziska Walther: Verstehe ich das richtig? Das heißt, du hast du so verschiedene Termine im Jahr und plant da deine anderen Sachen so drumherum, die möglich sind?

00:03:55: Susanne Krauss: Ja.

00:03:55: Dr. Franziska Walther: Das passiert also in so einem Jahres-Kontext? Weil bei mir ist es zum Beispiel so, dass ich bei bestimmten Projekten halt weiß, dass ich dann nicht nur für ein paar Monate, sondern manchmal sogar für eine etwas längere Zeit bestimmte Sachen nicht mehr machen kann.

00:04:08: Susanne Krauss: Ja, genauso ist das bei mir auch. Also ich setze jedes Jahr die Schwerpunkte, wo mein Herz beim Hineinspüren so ein bisschen aufleuchtet. Das mache ich meist so in den Weihnachtstagen. Also jetzt ist es bald wieder soweit. Da entsteht ein Jahres-Fahrplan mit einer entsprechenden Schwerpunkt-Verlegung, der sich auf der jeweiligen Website auch darstellt. Also ich habe nicht für alles dieselbe Website.

00:04:29: Susanne Krauss: Eigentlich bräuchte ich drei. Im Moment sind es noch zwei. Weil ich zugeben muss, dass ja auch jede Website-Pflege sehr viel Zeit beansprucht und mir 3 Websites zu viel sein würde. Aber bei mir geht es so: Ich beobachte mich übers Jahr und schaue, wo fühlst du dich besonders wohl? Ich habe eben deshalb gemeint, es klingt vielleicht ein bisschen blöd, weil es klingt ja so, als ob man als Kreativer die große Auswahl hätte.

00:04:52: Susanne Krauss: Und ich weiß, dass man die nicht immer hat. Aber das Gute ist, ich bin ja schon ein bisschen länger im Geschäft und dann hat man einfach aufgrund der Jahre, die man da schon hatte und der Kund*innen, die man da schon kennt, ein bisschen stärker auswählen. Und gerade im Bereich Geburts- oder Familien-Fotografie kann man das noch mehr ja dadurch befeuern, dass man die Leute überhaupt mal auf ihren Bedarf aufmerksam macht.

00:05:13: Susanne Krauss: Genau. Ja, meistens ist Weihnachten dann ja, Gott sei Dank, die etwas ruhigere Zeit. Zumindest wenn unsere fünf Kinder wieder weg sind. Und dann mache ich das wirklich so, dass ich mir so zwischen Weihnachten und Neujahr, bzw. noch bis zum 10. bis 15. Januar rein, mir wirklich die Zeit nehmen, in der ich überlege, wo kann der Schwerpunkt dieses Jahr hingehen?

00:05:38: Susanne Krauss: Bei Geburten bist du oft schon neun Monate vorher angefragt. Die stehen fest. Und weil ich das auch schon seit 14 Jahren mache, weiß ich inzwischen, wie viel ich mir davon im Jahr zumuten kann oder nicht. Weil man hat da die Tendenz, zu viel zu machen. Aber bei den anderen Sachen, da kann ich zum Beispiel sagen: Man, ich habe letztes Jahr so gar keine Portraits fotografiert.

00:05:57: Susanne Krauss: Ich gehe noch mal auf meine Webseite. Ich nehme vielleicht die Dinge, die jetzt da stark präsent sind, raus. Und ich nehme die Dinge rein, die mir wichtig sind. Also du hast jetzt gerade gesagt: Jane Goodall. Ich liebe es, Leute wie Jane Goodall zu fotografieren. Oder für NGOs was zu machen. Dann stelle ich das vielleicht auf der Website ein bisschen weiter nach vorne und vergrößere den Schwerpunkt dadurch ein bisschen.

00:06:19: Susanne Krauss: Und dann muss ich natürlich auch hoffen, dass sich die entsprechenden Leute finden. Finden bedeutet dann aber natürlich auch Akquise. Aber ich setze es natürlich erst mal auf der Webseite um, damit, wenn die dann auf mich aufmerksam werden, sie das auch alles gleich finden. Genau.

00:06:34: Dr. Franziska Walther: Das heißt, der Startpunkt ist dann eine Webseite. Dort setzt du den Schwerpunkt. Und wie machst du dann Akquise? Also was sind denn die aktiven Schritte, die danach kommt? Also, man kann das ja nicht kontrollieren, aber man kann ja zumindest vor den richtigen Leuten sichtbar werden und vielleicht auch Leute einladen – und das hast du eben schon so schön gesagt – aufmerksam machen darauf, dass es einen Bedarf gibt.

00:06:55: Susanne Krauss: Also klar, man muß sich aktiv einbringen. Und viel geht aber auch inzwischen, wenn man es lang macht, über Empfehlungen. Ich nehme noch mal das Beispiel wie Jane. Die war schon immer mein Traum. Also ich hatte als ich Kind war, schon den Traum ... ich hatte viele Träume, aber unter anderem eben natürlich auch Forscherin im Dschungel werden zu wollen ...

00:07:13: Susanne Krauss: Es gab, als ich Kind war, schon Bücher über Jane Goodall. Auch Kinderbücher und auch so Fernsehdokumentationen, die ich irgendwie mitgekriegt habe, weil ein entfernter Onkel auch ein Natur-Filmer war. Und die hatte ich immer irgendwie auf dem Schirm. Und als ich dann nach Jahren irgendwann Fotografin war, war das wirklich so, dass ich dachte: Wow, wie könnte ich das hinbekommen, Jane zu fotografieren?

00:07:38: Susanne Krauss: Und ich hatte nicht den blassesten Schimmer, weil es gab überhaupt gar keine Querverbindungen, über die man da irgendwie ran käme. Und ich habe erst relativ spät festgestellt: Mensch, die hat ja diese ganzen Organisationen, zum Beispiel »Roots & Shoots« und all diese Geschichten. Und dann habe ich tatsächlich dort hingeschrieben und habe wörtlich geschrieben ... das war kurz, bevor sie 90 wurde ...

00:07:58: Susanne Krauss: Jetzt ist die gute Jane Goodall schon so alt. Es war immer mein Traum, sie zu fotografieren. Hättet ihr die Möglichkeit? Und natürlich kam mir zugute, dass ich eine Website hatte, wo ich sagen konnte: Guck mal, ich habe schon die und die Leute fotografiert. Ich bin jetzt auch den Umgang mit Prominenten gewohnt, weil das eine ganz andere Art zum Fotografieren ist als beispielsweise Familien oder deine beste Freundin.

00:08:21: Susanne Krauss: Gäbe es da eine Möglichkeit? Und dann haben die sich total gefreut, weil die Referenzen sozusagen ja schon da waren. Und dann ergab sich der ganze Rest daraus. Und ja, ich habe zum Beispiel ... das findet man nur, wenn man ganz aufmerksam guckt auf meine Webseite ... tatsächlich eine Liste mit Menschen, die ich noch gern fotografieren würde.

00:08:38: Susanne Krauss: Das steht da einfach mal drauf, weil: Es schadet ja überhaupt nichts, wenn da Kund*innen vorbeikommen und diese Liste als Idee sehen. Dann bekomme ich die Chance vielleicht. Und ja, wahrscheinlich, weil ich selber älter bin: Die, die ich gerne fotografieren will, die sind meistens schon so um die 80. Also das sind so Leute, da muss man sich auch ranhalten und ein bisschen beeilen.

00:08:59: Susanne Krauss: Ja, tatsächlich. Also bei Jane war das mega, weil ich ja nicht ahnen konnte, dass das sich so schnell verändert. Und hätte ich jetzt dieses Jahr erst angefragt, wäre es zu spät gewesen. Ja, das ist eine Begegnung gewesen, wo ich schon sage, das war für mich das schönste Fotoshooting in dieser Art, was ich je hatte – weil sich da dieser große Traum erfüllt hat.

00:09:21: Susanne Krauss: Kann ich nur jedem empfehlen.

00:09:22: Dr. Franziska Walther: Wie toll. Jane Goodall ist ja auch so ein großartiger Mensch. Und dann auch noch, wenn es auch so ein langer Wunsch ist, der sich dann erfüllt. Es ist was ganz Besonderes. Das passiert ja nicht alle Tage!

00:09:34: Susanne Krauss: Nee, also das war auch wirklich so, es gibt wirklich auch andere ... also momentan gibt es ja dieses große Gottschalk-Bashing. Ich weiß, er wirkt ein bisschen wie aus der Zeit gefallen. Ich habe den vor ein paar Jahren fotografiert. Und auch auf die Gefahr hin, dass man mich jetzt entsetzt anguckt, aber der war wirklich einer der nettesten, geduldigsten und freundlichsten, je zu fotografierenden Personen.

00:09:56: Susanne Krauss: Und ich habe mit ihm überhaupt nicht das erlebt, was man jetzt in den Zeitungen so liest. Sondern das war einer, der war zu allen freundlich. Der war mega geduldig. Der hat mir gesagt, was ich alles nicht machen darf, damit ja nicht die Leute ... wir haben hier im Münchner Hofgarten einen ganzen Tag das Shooting gehabt ... die Fans das irgendwie als arrogant empfinden könnten.

00:10:15: Susanne Krauss: Und wir haben permanent Pausen einlegen müssen, weil Leute Selfies mit ihm haben wollten. Und er hat gesagt, das nehme ich auf meine Kappe, dann arbeiten wir halt einfach länger. So was stört mich nicht, das wird ja auch mit bezahlt. Aber dieses Leute kennenzulernen ist da schon auch ein wichtiger Punkt, der große Freude macht und manchmal sehr viele Überraschungen in sich bringt.

00:10:35: Dr. Franziska Walther: Ja, das kann ich mir vorstellen. Wie hast du denn angefangen als Portrait-Fotografin? Denn die gibt es ja schon so ein bisschen wie Sand am Meer. Wie hast du angefangen? Du hast schon gesagt, dass natürlich Referenzen wirklich helfen. Wenn man gute Referenzen hat, dann öffnet das Türen.

00:10:48: Susanne Krauss: Total.

00:10:48: Dr. Franziska Walther: Aber: Wie hast du deine ersten guten Referenzen gesammelt?

00:10:55: Susanne Krauss: Das ist echt eine gute Frage, weil das könnte ich jetzt so ad hoc gar nicht beantworten. Weil das natürlich dann schon erst mal so passiert, dass die Leute dir einen Auftrag geben müssen. Das fällt mir jetzt gerade so ein: Ganz am Anfang war ich auf der Buchmesse, weil ich ja auch parallel Illustratorin war und da habe ich zum Beispiel mal Norbert Blüm getroffen und habe den wirklich auch angequatscht, ob er Lust hätte auf ein paar Fotos.

00:11:18: Susanne Krauss: Die haben wir gemacht. Die Fotos waren grottenschlecht. Das muss man so sagen. Ich habe das echt total verkackt. Alles, was man falsch machen kann, habe ich falsch gemacht dabei. Er war geduldig und freundlich. Und ich konnte diese Bilder nie verwenden. Oder ich habe mal tatsächlich, ehrenamtlich, auch über eine NGO, bei »Menschen für Menschen« Karlheinz Böhm fotografiert und habe danach die Speicherkarte gelöscht beim Hochladen.

00:11:41: Susanne Krauss: Also es war schwierig, Referenzen zu sammeln, so gesehen, Aber ich glaube, was schon dazu gehört, ist ein langer Atem. Also dass man einfach geduldig ist. Man muss ja nicht gleich so viele Fails machen wie ich. Aber ich habe ganz guerillamäßig als Fotografin angefangen, und habe damals bei einer Messe, auf der meine Schwester eigentlich war, Postkarten verteilt, wissend, dass man eine Strafe kassiert, wenn man das macht.

00:12:07: Susanne Krauss: Aber nur so eine Verwarnung, die einen nichts kostet. Und wenn man es das zweite Mal macht, muss man ordentlich Strafe zahlen. Ich hab mir also damals gedacht: Gut, einmal habe ich Geld für die Messe. Um da selber auszustellen, reicht mein Geld nicht. Aber ich kann ja einfach mal die Postkarten nehmen, die ich schon habe. Dann einen Wettbewerb draufschreiben und dann das hinter die Scheiben der Autos klemmen.

00:12:25: Susanne Krauss: Im Worst Case sieht es der Parkwächter und ich kriegt diese Verwarnung. Aber dann sind diese Postkarten schon draußen. ... Ich glaube, viele Kreative können das nachfühlen. Man ist immer knapp bei Kasse und es ist oft der Mut der Verzweiflung. Und man denkt sich: Ich mache jetzt einfach, weil ich muss irgendwie meinen Fuß in die Tür kriegen.

00:12:42: Susanne Krauss: Ich hoffe, niemand denkt jetzt, das war diesen Kolleg*innen unfair gegenüber. Aber ich muss auch dazusagen, es gab damals niemanden auf dieser Hochzeitsmesse, der so als freie Fotograf*in unterwegs war, wie ich es geplant hatte. Sondern es waren alles so Fotostudios. Mein Postkarten-Gewinnspiel war also ein Zusatzangebot. Deswegen waren meine Skrupel auch nicht so groß. Und das hat gut geklappt.

00:13:03: Susanne Krauss: Da haben sich dann viele Leute gemeldet, die gesagt haben: Ja, wir wollen das Shooting gewinnen. Und dann habe ich gleich mehrere gewinnen lassen, damit ich möglichst viel Referenzmaterial bekomme. Damals waren es tatsächlich Hochzeits-Bilder, weil es eine Hochzeits-Messe war. Und darauf baut man dann so das eine oder andere auf. Die ersten Porträts waren Kinder, Porträts von Freunden meiner Kinder.

00:13:24: Susanne Krauss: Dann habe ich eben auch Kinder-Fotografie angeboten. Dann habe ich irgendwann das erste Buch von einem Verlag fotografiert, das war ein Sachbuch über Familie. Daraus ergaben sich viele Sachbücher. Ich habe viel für Random House damals gearbeitet. Dann ist die Bild-Redaktion drauf gekommen: Hey, wenn die gut Sachbuch kann, dann kann sie vielleicht auch Autor*innen fotografieren. Und so baut sich dann das eine ums andere auf.

00:13:45: Susanne Krauss: Und wenn mir jetzt mal jemand über den Weg läuft, der mir besonders wichtig ist, dann frage ich den auch, damit ich diese Person auch auf meine Website stellen kann und den einfach da schon mal habe. Und ich bin eh eine, die gerne improvisiert. Das heißt, wenn mir jetzt tatsächlich die Möglichkeit gegeben ist, jemanden zu fotografieren, der aus meiner Sicht gut in mein Portfolio passt, weil das eine Person ist, die zu meinen Werten passt, dann ist das ja eine Win-Win-Situation für beide.

00:14:14: Susanne Krauss: Und dann kann ich aber auch in relativ kurzer Zeit gute Fotos machen, die so aussehen, als hätten wir vielleicht länger gebraucht – was man nebenbei auch muss. Also ich hatte einmal einen sehr bekannten Dirigenten, um Porträts von dem zu machen, aber der war sehr kamera-scheu.

00:14:42: Susanne Krauss: Und der hatte Proben in Mailand in der Mailänder Scala, und dann habe ich bei den Proben schon Fotos gemacht, und der war bei den Proben, glaube ich, schon sehr ungehalten, weil die Kamera klickt und der ist dann nach den Proben raus gekommen und hat mir genau eineinhalb Minuten gegeben. Und eineinhalb Minuten sind einfach nur 90 Sekunden.

00:15:01: Susanne Krauss: Das geht total schnell. Und mein Glück war, dass ich auch aus der Erfahrung heraus, weil ich weiß, dass es manchmal sehr schnell gehen muss, meinen Mann dabei hatte, den ich vorher schon habe posen lassen. An der Stelle, wo der Dirigent rauskommt, in dem Licht. So dass ich genau wusste, ich muss ihn jetzt so und so hinstellen und dem einfach stur Anweisungen geben.

00:15:19: Susanne Krauss: Und dann hoffe ich, er bleibt. Aber der hat wirklich wortlos diese Bilder von sich machen lassen, obwohl er gut deutsch spricht, und ist dann wortlos abgerauscht. Und dann musst du diese Bilder haben und muss sie dem Management geben und hoffen, dass sie zufrieden sind. Genau.

00:15:35: Dr. Franziska Walther: Ich fasse mal zusammen, Das heißt, dazu gehört eine große Portion Mut, Eigeninitiative. Man muss aber auch das Handwerk beherrschen können und einfach auch Qualität abliefern. Das schafft man durch Übung und Erfahrung und dann aber auch durch gute Vorbereitung. Und was hatte ich noch?? ... Mut!

00:15:57: Susanne Krauss: Aber das Schöne ist doch: das haben wir alle in kreativen Berufen. Also Eigeninitiative haben wir, wenn wir uns dafür entscheiden. Üben können wir immer, egal ob wir Kund*innen haben oder nicht. Das heißt, wir können unsere Fingerfertigkeiten vorher schon trainieren. Durchhaltevermögen bringen wir mit, wenn wir für eine Sache brennen. Das passiert fast automatisch.

00:16:16: Susanne Krauss: Was hattest du noch gesagt? Mut? Mut, das kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen, der entsteht oft einfach aus Verzweiflung. Ich habe sehr viele CEOs fotografiert. Zum Beispiel den Chef von Porsche, den Chef von Audi, von Swisscom. Und als ich das das erste Mal gemacht habe, da habe ich für McKinsey gearbeitet,

00:16:38: Susanne Krauss: da war es so, dass ich einen Riesen-Bammel hatte, weil ich dachte: Wow, ich kleine Kreative, von der niemand weiß, dass sie in einem 1-Zimmer-Apartment haust, sozusagen. Ich hocke jetzt hier in einem Riesen-Hotel in Kitzbühel mit zehn CEOs in einem Raum. Und die wollen, dass ich von den Porträtfotos mache und dass ich ein Gruppenfoto mache, was ich hasse, und all solche Sachen.

00:17:00: Susanne Krauss: Und dann kommt automatisch der Gedanke: Also du kannst jetzt schüchtern sein, was viel angenehmer ist, und kannst dich leise zurückziehen und dann dir selber einreden: Ach ja, so hinten aus dem Versteck kann ich die besten Fotos machen, weil die merken das ja nicht. Oder du kannst hergehen und sagen: Ich weiß, wie der am besten aussieht, wenn der sich soundso hinsetzt.

00:17:20: Susanne Krauss: Und das sage ich ihm jetzt einfach. Und im schlimmsten Fall reagiert er total blöd. Dann habe ich Pech gehabt. Aber ich habe es zumindest versucht. Und das lernt man, glaube ich, in dieser Form von Fotografie sehr schnell, dass egal wie blöd oder nett der andere ist, dass man einfach wie so Chef Anweisungen gibt. Weil man muss in dieser ganz kurzen Zeit maximal performen.

00:17:39: Susanne Krauss: Und wenn man sich da einmal überwunden hat und dann auch merkt, dass die Kund*innen, die das in Auftrag gegeben haben, glücklich sind, weil man vielleicht tatsächlich ein Bild gemacht hat, das ganz vorteilhaft ist. Und das merkt ja auch der, der fotografiert wurde und vielleicht grummelig war. Dann ist es ein super Erfolgserlebnis und das motiviert einen beim nächsten Mal und dann kann man das über die Jahre ganz gut trainieren.

00:18:00: Susanne Krauss: Ja. Außerdem muss ich dazu sagen: die waren total nett. Also das noch mal so by the way: Ich hatte mega viele Vorurteile, weil diese CEOs Menschen waren, die auch nicht unbedingt politisch in meiner Ecke standen. Aber die meisten sind total nett und damals hat mich besonders beeindruckt, dass einer der Auto-CEOs zum Beispiel den anderen erzählt, dass sein Sohn keinen Führerschein machen will.

00:18:27: Susanne Krauss: Und dann haben die gefragt: Wieso nicht? Der kriegt doch von dir gleich sofort die entsprechende Automarke. Und der hat dann gesagt: Ja, weiß auch nicht, aber mein Sohn hat null Bock und der macht das nicht. Und dann habe ich gedacht, siehste. Alle kochen nur mit Wasser! Und wenn die unter sich sind, die erzählen dir was. Über ihre Probleme oder du kriegst eben das mit dem Sohn mit und du denkst dir nur: Wie bei mir zu Hause.

00:18:50: Susanne Krauss: Mein Kind zeichnet auch nicht so gern oder hat kein Bock auf Fotografie.

00:18:54: Dr. Franziska Walther: Ja, das ist ein echt gutes Learning. Alle kochen nur mit Wasser. Wir sind alle Menschen. Wir machen alle Fehler. Wir haben alle Unsicherheiten. Um jetzt zu deinem zweiten Standbein überzuleiten, zur Geburtsfotografie ... für die, die hier zuhören, ist wahrscheinlich sehr klar, dass Portrait-Fotografie gebraucht wird.

00:19:16: Dr. Franziska Walther: Es wird gebucht, es findet öfters mal statt. Aber wahrscheinlich wissen nicht so viele Menschen, was Geburtsfotografie ist. Wie bist du denn dazu gekommen und wie hast du erkannt, dass es da einen Bedarf gibt? Und wie hast du dir dieses Standbein aufgebaut?

00:19:30: Susanne Krauss: Das ist ein bisschen lustig, weil ich hatte überhaupt keine Ahnung davon, ob es ein Bedarf gibt, sondern ich hatte den Bedarf. Genau. Aber du fragst, wie ich es mir aufgebaut habe. Ich habe 1991, das war ich ja mit meiner eigenen ersten Tochter schwanger ... das war zur Diplom-Arbeit - als Kommunikationsdesignerin ... Das heißt, ich war noch komplett auf Kinderbücher gepolt, weil ich als Diplomarbeit so eins gemacht habe.

00:19:54: Susanne Krauss: Aber ich habe damals noch ganz haptisch Eltern-Heft gelesen. Und Anfang der 1090er war es noch Mode, dass im Eltern-Heft Geburten fotografiert wurden. Das hat dann ein paar Jahre später aufgehört und dann gab es das gar nicht mehr. Aber da habe ich das gesehen und habe mir gedacht: Wow, du hast auch so gern im Studium fotografiert. Wie käme man an diesen Job ran?

00:20:16: Susanne Krauss: Ja, gut, vergiss es. Du hast dann ein Kind bekommen, kriegst wahrscheinlich noch welche. Bist jetzt Kinderbuch-Illustratorin ... aber: Neid an alle, die diesen Job machen durften. Wow, das würde ich auch gerne mal machen. Und dann habe ich tatsächlich noch ein Kind bekommen und 2005 erst angefangen, per Zufall in die Fotografie zu rutschen. Und dann ist sofort natürlich wieder dieser Traum aufgeploppt.

00:20:41: Susanne Krauss: Und ich habe mir gedacht, das ist ja auch wie Jane Goodall. Ein Traum, den ich mir einfach erfüllen will. Und das war aber dann lang noch gar nichts. Also ich hatte dann Eltern, wo ich beispielsweise den Babybauch fotografiert habe oder die dann ihr Neugeborenes schon angefragt haben, bevor es geboren war, so den Hinweis gegeben, ich könnte auch die Geburt fotografieren. Und das Feedback war absolut gleich null.

00:21:04: Susanne Krauss: Also es kam manchmal so: Ja, spannend, spannend. Aber nein, mein Mann will das nicht. Und das war es eigentlich. Und dann habe ich das so innerlich, wie soll ich sagen, ich würde nicht sagen abgehakt. Aber recht weit zur Seite geschoben und mir gedacht: Einfach Augen aufhalten und gucken, wo wir das einbauen können. Und glücklicherweise habe ich dann einmal für ein großes Schwangerschaftsabbruch fotografiert.

00:21:27: Susanne Krauss: Da gab es auch keinen Bedarf, als ich angefragt habe. Und dann hat ein Verlag, der insgesamt da auch ein bisschen offener war und freiere Bücher damals gemacht hat, auch für einen Schwangerschaftsabbruch angefragt. Und da haben wir, weil wir Sorge hatten, mit zwei Modells gearbeitet ... weil die Produktion war praktisch vom ersten Tag an schwanger sein bis neun Monate nach der Geburt ... und aus Sicherheitsgründen haben wir zwei Models genommen, weil wir dachten, falls irgendwo noch irgendwas passiert, dann ist die ganze super teure Produktion nicht im Eimer. Weil da steckten immer ganze Shootings mit Riesen-Teams mit drin und mit den Lektor*innen war das ein super Verhältnis.

00:22:10: Susanne Krauss: Und irgendwan,n glaube ich, habe ich sogar selber dann auch vorgeschlagen und habe gesagt: Hey, wir können doch auch die Geburten mit ins Buch reinnehmen. Und das fanden die gut. Und die Models fanden es auch gut. Und dann war: Bingo. Genau, und dann durfte ich die fotografieren. Das war echt ein Heureka-Moment, weil es einfach traumhaft schön war und aufregend und alles.

00:22:32: Susanne Krauss: Das war wirklich super.

00:22:33: Dr. Franziska Walther: Schön.

00:22:34: Susanne Krauss: Und so bin ich wirklich unbeabsichtigt quasi zur Pionierin in Deutschland geworden, weil es zu der Zeit im Eltern-heft keine Geburten gab und es das erste Buch war, das es gab. Es gab noch ein anderes, da war auch so ansatzweise die Geburt drin. Das hat aber ein Mann, ein Italiener glaube ich, fotografiert. Und dann hatte ich diese zwei Geburten und hab mich total gefreut, habe aber tatsächlich damals noch gedacht: Nee, das kann ich nicht auf meine Website nehmen, weil das schreckt vielleicht die Leute ab. Uund hab’s ... diese Geburten habe ich 2011 fotografiert ... so bis 2017 oder 2018 mehr oder minder geheim gehalten.

00:23:13: Susanne Krauss: Also ich habe den Leuten dann das schon erzählt und konnte denen auch Bilder zeigen. Das heißt, dann kamen tatsächlich Leute, die das privat auch wollten. Aber ich habe damals gedacht, das ist so unpopulär, das Thema, ich sag den Leuten, ich zeig die Bilder keinem, aber darf ich dafür die Geburt fotografieren und habe denen das auch schriftlich gegeben.

00:23:31: Susanne Krauss: Das heißt, ich hatte auch keine Möglichkeiten, außer der beiden Geburten aus den Büchern das auf meine Website zu nehmen. Und erst 2017, weil ich ja schon manchmal vor lauter Arbeit ein bisschen Tunnelblick bin und vergesse zu gucken, was machen andere so, habe ich per Zufall mitgekriegt: Das gibt es längst. Es gibt in Hamburg eine bekannte Geburtsfotografin, eine in Berlin, in Freiburg, nur in München sehe ich noch keine.

00:23:55: Susanne Krauss: Und dann habe ich sozusagen auch in einer Nacht- und Nebelaktion sofort meine Webseite umgestellt und ab da ging es ganz einfach.

00:24:02: Dr. Franziska Walther: Wie toll. Ja, was ich daran so schön finde, ist, das, was du beschreibst ... dass Leidenschaften und auch Herzenswünsche und vielleicht auch Interessen oft die richtige Zeit brauchen. Und vielleicht auch so ein bisschen Geduld, bis die dann die richtige Zeit gefunden haben und dann können sie auf einmal auch da sein, dann dürfen sie da sein, dann gibt es auf einmal auch so ein Moment, wo man merkt: Ja, jetzt ist die Zeit reif dafür.

00:24:28: Susanne Krauss: Ja, also das ist ein Tipp, den ich immer weiterreichen kann und ich bin jetzt 58 ... das war mein Leben lang so: Wenn man etwas unbedingt will, kann man einfach schon anfangen. Egal, ob die Zeit dafür da ist oder nicht. Man kann das ja auch als Hobby nebenbei machen, oder? Also ich finde, es ist in unserem Beruf nie verkehrt, wenn man sagt, ich habe einen Brotjob und ich habe einen Job, wo meine ganze Leidenschaft ist. Also einfach schon mal machen.

00:24:56: Susanne Krauss: Wenn der Zeitpunkt dann kommt, hat man schon das Material dafür und wenn der Zeitpunkt nie kommt, hat man einfach selber was total Schönes erlebt.

00:25:04: Dr. Franziska Walther: Ja, das ist eine total schöne Perspektive darauf. Ein total guter Tipp. Um jetzt noch mal so den Kreis zu schließen – du hast ja drei Standbeine. Du machst Portraits-Fotografie, Geburts-Fotografie und du bist aber auch Illustratorin. Und du bist zu Beginn deiner Selbstständigkeit als Illustratorin gestartet. Hast du ja auch gerade gesagt: Als Diplom hast du ein Kinderbuch gemacht und bist dann in die Fotografie hineingewachsen.

00:25:25: Dr. Franziska Walther: Aber seit ein paar Jahren arbeitest du auch wieder als Illustratorin. Warum kehrst du denn jetzt zurück zur Illustration?

00:25:33: Susanne Krauss: Also ich würde sagen, weil mein Herz mir heute, also 2025, entgegen aller Wirtschaftsprognosen, sagt: Mach einfach. Also wieder dieser Impetus, den wir eben auch schon mal besprochen haben: Einfach weil ich Lust dazu habe. Mir geht es da eigentlich wie in der Fotografie damals, wo ja auch kein Hahn danach gekräht hat. Ich denke, dass es bei der Illustration jetzt wieder genau dasselbe. Es gibt KI. Es gibt Verlagssterben. Es gibt unterirdische Bezahlungen, aber mich hat es einfach angewuppt.

00:26:01: Susanne Krauss: Und in diesem Fall war tatsächlich sogar der Auslöser mit einem Skizzenbuch anzufangen, was ich nur für mich gemacht habe. Weil ich tatsächlich, als ich damals Kinderbücher illustriert habe, nie Zeit dafür hatte und das Gefühl hatte, meine Kreativität ist im Laufe von 100 Büchern nach und nach komplett auf der Strecke geblieben. Und irgendwie habe ich vor inzwischen eineinhalb Jahren angefangen, so ein bisschen für mich wieder Skizzen zu machen – was ich mir 2006 übrigens, als ich aufgehört habe, in keinster Weise hätte vorstellen können.

00:26:37: Susanne Krauss: Und dann habe ich gemerkt, das macht total Spaß. Ich habe mir dann noch Procreate reingezogen und das beigebracht. Noch mal neu, weil ich ja immer noch ganz analog unterwegs war. Und finde es auch mega, dass ich Tag und Nacht, wenn es dunkel ist und wenn ich im Zug sitze, ein Aquarell malen kann. Vom Prinzip. Also, klar, echtes Aquarell ist anders. Aber es macht mir Spaß und ich finde das eröffnet wieder total viele Möglichkeiten auf dem Tablet was zu machen.

00:27:03: Susanne Krauss: Und ich habe es dann eigentlich für mich gemacht. Ich hätte das nie gedacht, habe ich schon gesagt. 2006. Da war das nämlich so, dass ich mich super leer gezeichnet gefühlt habe, weil ich auch nur Mainstream-Bücher gezeichnet habe. Das waren zwar über 100 Bücher, aber meinen eigenen Kindern hätte ich davon vielleicht höchstens zwei bis drei ins Regal gestellt. Und das lag wiederum daran ...

00:27:27: Susanne Krauss: auch so ein Tipp für die, die jetzt davon leben müssen ... Ich bin damals auch auf die Buchmesse gegangen, direkt nach dem Studium, schon schwanger. Mit einem Buch-Entwurf, den ich dann auch los bekommen habe, der so ein bisschen der Startpunkt für meine Karriere war. Und alle haben gesagt: Du hast so Glück, du hast so Glück, du darfst jetzt für Verlage zeichnen und du kriegst ein Buch gedruckt und so weiter.

00:27:48: Susanne Krauss: Und ich habe selber blind und blauäugig, wie ich war, gedacht: Ja, das ist so toll, da hinterfrage ich gar nichts. Und ich war auch stolz, weil ich für Ravensburger und Löwe und und Ars Edition, also diese Großen, gezeichnet habe. Ich habe überhaupt nie hinterfragt, was zeichne ich da eigentlich. Also finde ich die Themen gut, finde ich die Art der Umsetzung gut? Weil ich sehr schnell eine sehr pragmatische Umsetzung hatte, dadurch, dass ich irgendwie ein, zwei Kinder auf dem Schoss hatte,

00:28:14: Susanne Krauss: fand ich die Umsetzung kacke. Und ich hatte nie ein freies Wochenende, weil es damals auch so war. Wenn du etwas falsch gemacht hast, dass du wirklich per Hand nochmal komplett neu gezeichnet. Ich habe bis nachts drei gearbeitet und es war ein Scheißjob. Und jetzt, als ich dann angefangen habe, wieder zu skizzieren und irgendwann auch die ersten Buch-Ideen entstanden sind, habe ich mir gedacht: Ein Glück, dass ich von der Fotografie leben kann.

00:28:39: Susanne Krauss: Also sozusagen ist das mein Brotjob. Ich mache das einfach für mich. Und weil ich schon weiß, ich habe auch schon viele Ausstellungen als Fotografin gemacht, dass man Über Ausstellungen nicht so viel verdient, dann lohnt sich ein Instagram-Account nicht so sehr, auch wenn der damals schon nicht so ganz schlecht lief. Also schau ich einfach, dass, wenn einer da Drucke kaufen will, das kann jemand machen, aber ich muss jetzt nicht davon leben.

00:29:03: Susanne Krauss: Und genauso, wenn ein Verlag sich dafür interessiert: Toll, weil dann muss ich nicht selber ein Buch im Selbstverlag drucken. Dann habe ich jemanden, der mir den Vertrieb abnimmt. Aber ich muss nicht davon leben. Und das klingt natürlich jetzt, hoffe ich, nicht arrogant. Aber das klingt natürlich jetzt sehr wie das breite Sofa, wo sie sich schon aus kann. Aber ich denke, wäre ich jetzt einfach nur gerne Illustratorin und hätte nicht die schöne Fotografie,

00:29:34: Susanne Krauss: ich glaube, dann würde ich mich heute anders entscheiden. Damals habe ich gedacht, ich muss ausschließlich davon leben und bin dadurch in diesen Knochenjob geraten. Mit diesen Vorzeige-Verlagen, aber mit Büchern, die ich selber nicht vorzeigen würde. Heute würde ich sagen: Ne, schau mal, ob du ... was weiß ich ... irgendwo bedienst, im Baumarkt arbeitest, dich in der Krankenpflege engagierst. Irgendetwas, wo man auf jeden Fall mal nicht schlechter verdient als als Illustratorin.

00:30:04: Susanne Krauss: Das ist ja relativ einfach in diesem Beruf. Und dann guck, dass du dein Herzblut einfach in das rein steckst, was in deiner freien Zeit noch bleibt, weil dann ist eine ganz große Last von deinen Schultern genommen.

00:30:16: Dr. Franziska Walther: Und es entsteht auch eine große finanzielle Freiheit, auch genau das machen zu können, wo das Herz dranhängt. Denn in Aufträgen macht man eben ganz oft nicht das, wo das Herz dranhängt. Das muss man ganz realistisch sehen.

00:30:28: Susanne Krauss: Und ganz ehrlich, wenn ich an die Prominenten denke, die im Gegensatz zu mir wirklich monetär erfolgreich reich sind oder waren, dann ist es ganz oft deren Vita. Also wenn man sich mit denen trifft und Zeit hat und die nett sind, dann unterhält man sich ja sehr oft auch ziemlich privat. Und ich frag die eigentlich dann immer: Wie bist du zu dem gekommen, was du machst?

00:30:49: Susanne Krauss: Also so wie du mich jetzt auch fragst. Und es ist eigentlich immer derselbe Weg. Es ist eigentlich nie: Oh ja, ich habe ein Einser-Abitur, dann habe ich Medizin studiert und dann bin ich der super Herzchirurg geworden. Sondern es ist ganz oft: Na ja, eigentlich hatte ich nur ein 2,5-er Abitur, aber über Umwege

00:31:07: Susanne Krauss: habe ich dann in Ungarn studiert und so, weil ich wollte das unbedingt. Und dann habe ich das gemacht. Dann habe ich nebenbei noch gejobbt und irgendwann war ich dann da, wo ich unbedingt sein wollte. Und dann hat es auch noch mal Jahre gedauert und dann hatte ich das Glück, dass ... ich glaub genau diese ganzen Komponenten sind das, was es braucht. Dieses Dafürbrennen, über Umwege trotzdem dieses Ziel haben wollen und eventuell auch einfach Glück haben.

00:31:33: Susanne Krauss: Manche haben das vielleicht nicht. Also von denen erfahren wir ja alle nicht. Also wir wissen ja gar nicht, wie viele tolle Musiker*innen, Tänzer*innen oder oder Illustrator*innen es noch gebe, wenn die nicht an irgendeinem Punkt rausgeflogen werden, weil sie einfach Pech hatten oder ein Kind gekriegt haben oder so. Wir sehen ja nur die, die es geschafft haben.

00:31:53: Susanne Krauss: Aber selbst bei denen sehen wir ja: Der Weg war auch nicht gerade locker flockig.

00:32:02: Dr. Franziska Walther: Ja, bei meisten sieht es von außen sieht ganz oft viel gerader aus, als es, wenn man nachfragt, dann wirklich war. Das finde ich immer wieder auch erstaunlich. Weil gerade so öffentlich entsteht so ein Bild und das sieht ganz oft bei erfolgreichen Kolleg*innen leicht aus. Aber wenn man da mal wirklich nachfragt, dann war das oft ein ganz schön steiniger Weg – mit viel Durchhaltevermögen und auch mit dem Aushalten von komfortablen Gefühlen und vom Scheitern.

00:32:31: Dr. Franziska Walther: Und es gehört einfach alles mit dazu.

00:32:33: Susanne Krauss: Also es würde jetzt zu weit führen, aber ich kann sozusagen als Schlagworte bei mir selber sagen: Ich bin mit drei Büchern, die als Bestseller angelegt waren, damals als Illustratorin komplett gefloppt, also so was von auf die Nase gefallen. Das mit diesen verpatzten Foto-Gelegenheiten habe ich schon erzählt und definitiv gibt es etliche Tage oder Wochen in dieser Zeit, wo man auch da sitzt und sagt: Eigentlich sollte ich alles hinschmeißen.

00:32:58: Susanne Krauss: Kein Hahn kräht mehr nach mir. So dieses Lied »Kein Schwein ruft mich an« ist dann immer das Lied, was ich im Kopf habe und das wochenlang. Das passiert auch, wenn man auf der Webseite dasteht wie der Superheld, weil ja vielleicht die restlichen Wochen gar nicht so schlecht sind oder weil letztes Jahr einfach gut war. Das gilt ja für alles.

00:33:15: Susanne Krauss: Also wenn ich schon gesagt habe, aber ich vergleiche auch Akquise immer so ein bisschen wie Partnerwahl. Man selber hat in der Hand, wen man sich raussuchen möchte. Das bedeutet eventuell eine ewig lange Durststrecke, eil sich halt am Horizont nichts so schnell auftut. Aber am Schluss stellt man fest: Du kannst beim Richtigen nichts falsch machen und beim Falschen nichts richtig.

00:33:39: Susanne Krauss: Also das heißt, wenn wir unserem inneren Kompass folgen, dann ziehen wir automatisch, egal ob als Partner oder als Kund*innen automatisch an, was im Idealfall zu uns passt. Wenn wir uns eben auch diesem Kompass folgend dann automatisch so präsentieren. Und ich kenne das auch als Fotografin und als Illustratorin.

00:34:07: Susanne Krauss: Ich habe immer Kolleg*innen, wo ich denke, die sind so viel besser, die machen so tollere Bilder. Und trotzdem habe ich ja auch Kund*innen – und vielleicht auch mal ganz nette, wo ich selber staune, dass sie sich für mich entschieden haben. Aber wir alle haben eine Handschrift und es gibt andere, die finden diese Handschrift schön oder hässlich und das können wir überhaupt nicht beeinflussen.

00:34:25: Susanne Krauss: Und ähnlich wie bei der Partnerwahl – wenn ich jetzt irgendwie das Supermodel von nebenan kopiere, mag das vielleicht ziemlich lächerlich aussehen. Also ist es besser, ich komme gleich in meinem Look und mit meiner Figur und meinem Alter. Und dann gucken wir mal, wer das trotzdem zu schätzen weiß. Und wenn er es wirklich zu schätzen weiß, passen wir auch gut zusammen.

00:34:42: Susanne Krauss: Ja.

00:34:42: Dr. Franziska Walther: Total. Eine sehr schöne Metapher, bzw. ein sehr schöner Vergleich. Um das vielleicht noch mal so ein bisschen konkreter zu machen: Hier hören hier bestimmt einige zu, die sagen: Ja, gehe ich mit, aber wie findest du denn ganz konkret heute die Auftraggeber*innen, die gut zu dir passen? Also ja, du kommst so, wie du bist. Du weißt, wofür du stehst. Gibt es noch noch so ein paar konkrete Dinge, die man tun kann, um das noch so ein bisschen zu unterstützen.

00:35:07: Dr. Franziska Walther: Also so ein bisschen an zu schubsen.

00:35:09: Susanne Krauss: Ja, also ich denke nicht nur KANN, sondern tatsächlich MUSS. Also ich glaube, die größte Hürde ist das, was du ja auch in deiner Portfolio-Akademie den Leuten ganz warm ins Herz hineinlegen möchtest. Dass man den Mut hat, überhaupt zu starten, da haben wir eben schon ein bisschen drüber gesprochen. Und ich glaube auch, dass sich eine entspannte Flexibilität in der Akquise selbst, sich die passenden Kund*innen als greifbares Ziel ins Auge zu nehmen, langfristig total auszahlt.

00:35:40: Susanne Krauss: Weil das sind ja dann auch die, die dich im Best Case wieder empfehlen. Also das steht einfach am Anfang. Und wie schon gesagt: Am Anfang ist da oft eine sehr lange trockene Phase, wo man genau dieses Lied im Kopf hat, was ich gerade schon gesagt habe. Aber wenn mal so der erste Kunde da ist und es dann Freude gemacht hat, dann läuft es irgendwann von selbst. Aber dann muss man einfach auch die Disziplin haben, das immer wieder anzuschubsen.

00:36:09: Susanne Krauss: Ich merke, wenn ich meine Akquise maßschneidere, also auf das entsprechende Klientel, von dem ich denke, dass es gut zu mir passt, also in meinem Fall Eltern, die eine Geburt fotografiert haben wollen, dann sind das natürlich selbstverständlich andere Menschen als Porträt-Shooting-Kund*innen wie Robert Habeck oder Frank Walter Steinmeier.

00:36:34: Susanne Krauss: Und dann wieder ist es so, dass die Leute, die ein Buch illustriert haben wollen, ja nicht unbedingt immer Eltern sein wollen oder was mit Promis zu tun haben wollen. Genau. Und deswegen gebe ich da schon auch viel rein. Erstens: Was braucht diese Zielgruppe momentan? Was könnte bei denen der größte Bedarf sein? Und das andere aber auch: Mit welchem Medium mache ich das?

00:36:56: Susanne Krauss: Vor 20 Jahren habe ich mich natürlich anders beworben oder auf mich aufmerksam gemacht, als ich das heute tue. Genau.

00:37:03: Dr. Franziska Walther: Was ist denn heute dein wichtigster Kanal?

00:37:05: Susanne Krauss: Ich würde als erstes tatsächlich sagen – immer noch die Website, weil auf die kommen alle, die sich näher interessieren. Das heißt, die muss tipptopp, sein. Genau. Und jetzt sagen vielleicht Leute zu meine Website: Oh, die lädt aber langsam. Und dann muss ich zugeben: Ja, das ist bei mir stark vernachlässigt. Die Leute müssen manchmal ganz schön geduldig sein. Das kommt jetzt vielleicht als fade Ausrede, denn ich sage mir dann immer: Wer wirklich will, der muss das dann aushalten, bis die Seite geladen hat.

00:37:32: Susanne Krauss: Aber das klingt jetzt sich schönredend. Also da müsste ich noch dran arbeiten. Das stimmt tatsächlich. Das Problem ist, wenn man alle Sachen mal drauf hat, hat man keinen Bock, die alle noch mal auszutauschen. Also eine schnelle Website würde ich jedem sehr, sehr dringend empfehlen. Aber was auch bei mir wirklich wichtig ist und das kann man nicht verheimlichen, ist Instagram.

00:37:53: Susanne Krauss: Ich war auch mal bei Facebook. Ich weiß inzwischen nicht mehr, wie ich da reinkomme, weil ich meinen Zugang irgendwie vergessen habe. Aber Instagram spielt es immer fleißig da drüben aus, weil ich das Häkchen gesetzt habe. Sehr unhöflich, den Leuten dann dort nie zu antworten. Aber ich warne sie. TikTok ist überhaupt nicht meins. Also das spar ich mir einfach.

00:38:13: Susanne Krauss: Ich bin auch ganz forsch Anfang des Jahres zu BlueSky gewechselt, in der Hoffnung, dass da alle mitziehen. Ich gebe zu, das hat kaum jemand gemacht. Also liegt der Schwerpunkt leider immer noch bei Instagram. Und ich glaube, für Leute, die irgendwas mit Bildern machen, ist das einfach sehr naheliegend, weil man es im Prinzip als erweitertes Portfolio und auch als schnelle Möglichkeit sehen kann, ganz flott mal was von sich zu zeigen, was gerade unter den Nägeln brennt.

00:38:43: Susanne Krauss: Und so weiter. Genau.

00:38:45: Dr. Franziska Walther: Ja, ja, total, gehe ich voll mit. Und ich meine, du bist ja auch einfach sehr erfolgreich auf Instagram. Du hast mehrere Accounts, aber dein Hauptkanal hat über 185.000 Follower*innen. Das ist ja einfach eine echt beeindruckende Zahl. Wie wichtig sind solche Zahlen für dein Business?

00:39:04: Susanne Krauss: Ich würde lügen, wenn ich sage, die sind unwichtig, weil die tatsächlich viele Möglichkeiten schaffen, die man mit wenigeren Followern nicht hat. Was aber das »nur das Auf sich aufmerksam machen« angeht und »das erkannt werden«, da spielt es überhaupt keine Rolle. Also der eine Account hat tatsächlich aktuell glaube ich 186.000 Follower. Der Account über die Geburts-Fotografie hat ... oh Gott, ich habe es nicht im Kopf ...

00:39:30: Susanne Krauss: Ich glaube 3200 Follower, also nicht so viel. Und der, wo ich ... das haben wir gar nicht besprochen, aber ich biete auch noch Workshops für Fotografie an und ich würde auch behaupten, ich behaupte es nicht. Ich weiß, es ist der erfolgreichste in Deutschland ... und der hat zum Beispiel nur 1.000 Follower und das reicht total. Und das reicht deshalb total, weil das eine so kleine Nische ist, dass es gar nicht möglich wäre, dass diesem Kanal für so eine spezielle Sache, der auch nur auf Deutsch ist, großartig mehr Leute folgen. Sondern da folgen wirklich nur die, die sich dafür interessieren.

00:40:04: Susanne Krauss: Und das reicht. Also damit möchte ich auf jeden Fall den Leuten die Angst nehmen, dass man sofort unter Druck gerät. Der Vorteil von so vielen Followern wie jetzt bei dem Haupt-Kanal, auf dem momentan fast nur Illustrationen zu sehen sind, ist natürlich, dass man zum Beispiel Sponsoring für Materialien bekommt. Also es gibt immer wieder Firmen, die anfragen und fragen, ob man über die mal was erzählen möchte.

00:40:27: Susanne Krauss: Bisher tue ich das noch ganz, ganz, ganz wenig und auch nur so in den Stories. Aber das ist sehr praktisch, wenn man bestimmte Stifte braucht und sagen kann: Ach, habt ihr Lust, mir mal einen Koffer davon zu schicken? Und ich weiß das. Als Illustrator*in kann man das super gebrauchen, weil man eben nicht viel verdient. Es gäbe auch die Möglichkeit, das führt jetzt vielleicht zu weit, dass man wirklich Kollaborationen macht, aber dann rutscht man ins Gewerbe und ich habe kein Gewerbe, sondern ich bin ja freischaffende Künstlerin und das ist steuerlich gar nicht so leicht.

00:40:55: Susanne Krauss: Bezüglich der Künstlersozialkasse. Und weil ich den sozialen Medien da schon misstraue und sage, so ein Ruhm kann ja auch morgen schnell mal vorbei sein, habe ich mich bisher nur auf unbezahlten Kollaborationen eingelassen. Genau. Ja, also was ein wirklich toller Punkt ist, ist eben, wie ich schon gesagt habe, du kriegst Materialien oder ich durfte schon an Messen teilnehmen.

00:41:16: Susanne Krauss: Als Ehrengast, wo andere Leute 2.000 bis 3.000€ hinlegen müssen. Und ich darf einfach so da ausstellen und kriege auch noch den größten Stand. Das ist super, super schön und ich bin sehr dankbar dafür. Und es ist auch sicherlich ein Vorteil, wenn man sich bei Verlagen bewirbt und sagen kann: Ich habe so eine große Crowd, die würden dann potenzielle Bücher wahrscheinlich auch kaufen.

00:41:37: Susanne Krauss: Also das wäre total blöd, wenn ich jetzt behaupten würde, das macht wahrscheinlich nicht ein bisschen was aus. Aber ich glaube, dasselbe würde mir auch passieren, wenn es zum Beispiel nur 10.000 Follower wären.

00:41:51: Dr. Franziska Walther: Ja, weil du ja jetzt wieder angefangen hast zu illustrieren. Und wir haben uns ja auch auf der Buchmesse in Frankfurt im Oktober getroffen. Hast du Feedback von Verlagen dazu bekommen? War das ein Thema, wenn du auf deine Buchprojekte gepitcht hast?

00:42:05: Susanne Krauss: Ich kann es noch nicht genau sagen, weil ich ja noch nicht weiß, was aus diesen Pitches wird. Aber was spannend war, wenn wir am Stand gesprochen haben, dann haben die das mitgekriegt. Oder manche wussten es komischerweise sogar schon oder haben vielleicht nur so getan. Keine Ahnung. Aber sie haben jetzt nicht gesagt, das sind aber viele Follower, das ist toll oder so, sondern sie haben nur dann sich sehr schnell für die Projekte interessiert und haben über die Projekte nette Sachen gesagt, sage ich mal. Aber wir wissen ja alle, das bedeutet noch nicht viel.

00:42:32: Susanne Krauss: Aber ich habe jetzt schon mit zwei Verlagen etwas näher gesprochen. Und der eine, das ist ein relativ kleiner Verlag. Aber ich finde ein sehr, sehr schöner. Die haben auch gesagt, das ist für sie natürlich ein Synergieeffekt. Und das ist ja auch logisch, weil wenn der Verlag selber nur 2.000 Follower hat, dann ist es für den ja klasse, wenn andere überhaupt auf ihn aufmerksam werden und finde ich auch klasse.

00:42:56: Susanne Krauss: Also ich finde das auch schön, dass ich das sozusagen dem Verlag anbieten kann.

00:43:01: Dr. Franziska Walther: Ja, ja, ja. Und ich finde auch, wenn man sich mal so in die andere Person oder das Gegenüber hineinversetzt, jetzt bei Verlagen zum Beispiel: Du hast 185.000 Follower*innen. Klar, die verteilen sich auf der ganzen Welt. Aber wenn du jetzt ein englischsprachiges Buch rausbringen würdest, ist die Wahrscheinlichkeit ja nicht so gering, sondern tendenziell eher ganz schön groß, dass zumindest ein Prozentsatz dieser Leute das Buch auch kaufen wird.

00:43:23: Susanne Krauss: Also tatsächlich habe ich einen relativ großen amerikanischen Markt und du hattest mal ... ich habe jetzt den Namen vergessen, eine Illustratorin, die in Amerika Bücher rausbringt, wo ich mir dachte: Wow, auch noch ein Träumchen von mir. Weil auch da: Ja, da sind die Auflagen einfach viel höher. Weiter brauchen wir nicht sprechen, weil wir wissen, was das dann auch finanziell bedeuten könnte. Und ich halte den Gedanken schon für verlockend, dass ein Verlag sagen könnte: Oh toll, die hat so und so viel Prozent Follower aus den USA, dann würde das ja eine Möglichkeit ergeben.

00:43:52: Susanne Krauss: Aber ich habe nicht den blassesten Schimmer, ob ein Verlag das jetzt auch so sieht. Ich hoffe es mal.

00:43:58: Dr. Franziska Walther: Ich habe das Gefühl und das ist natürlich auch nur meine Beobachtung. Aber das, was ich so beobachte, ist schon, dass das immer wichtiger wird. Und ich finde, das macht wirtschaftlich und marketingtechnisch auch total Sinn. Also ich versteh total, warum die anfangen diese Zahlen zu gucken, weil es am Ende ein Rechenbeispiel ist. Man erreicht automatisch mehr Leute. Die Wahrscheinlichkeit, dass von den Menschen, die man erreicht, jemand ein Buch kauft, ist einfach größer.

00:44:21: Dr. Franziska Walther: Also auch wenn die dir folgen, dann heißt es ja, die mögen deine Arbeiten, die werden nicht gezwungen, dir zu folgen, die machen das ja freiwillig.

00:44:28: Susanne Krauss: Also das glaube ich, ist auch bezüglich Reichweiten-Aufbau echt ein ganz wichtiger Aspekt. Und deshalb mache ich es auf allen Kanälen so, ich mache nicht so Dinger, wo man sagt: »Wenn du mir folgst und ich nenne jetzt hier zehn Accounts, dann folge ich dir«. Aber das habe ich nie gemacht, weil ich mir immer gedacht habe, ich will ja niemanden zu seinem Glück zwingen. Sondern ich denke immer wieder wie in der Partnerwahl: Wer freiwillig kommt, der darf auch bleiben.

00:44:51: Susanne Krauss: Aber ich zwinge jetzt niemanden dazu! Oder biete dem irgendwas dafür, damit er bleibt. Und damit habe ich mit Abstand die beste Erfahrung gemacht. Also es spricht ja zum Beispiel nichts dagegen, wenn ich jetzt einen anderen Account, der mir total gut gefällt, dass ich dann beispielsweise ein Bild, was jemand anders fotografiert oder gemalt hat, kommentiere. Okay, total schönes Bild! Oder die haben so eine Selbstvorstellung und die ist sympathisch, dass ich dann das da drunter schreibe, das finde ich, macht man ja auch einfach wie im echten Leben auch.

00:45:19: Susanne Krauss: Also wenn ich auf einer Party bin und ein gutes Gespräch führe, sage ich ja auch so was. Wenn derjenige dann sagt: Ui, die hat was Nettes geschrieben, ich gucke mir mal ihren Account an und ja, ihre Sachen gefallen mir auch. Dann finde ich das super und dann folgt der oder die mir freiwillig. Dann habe ich den Eindruck, sind das auch treue Follower.

00:45:37: Susanne Krauss: Einen anderen Weg wüsste ich jetzt auch gar nicht, um auf mich aufmerksam zu machen.

00:45:41: Dr. Franziska Walther: Wie hast du denn das gemacht: Du hast drei Instagram Accounts. Einmal deinen Hauptkanal. Der, wo viel Illustration stattfindet, aber auch ab und an Fotografie. Dann hast du den Geburtsfotografie-Account, der sich vom Prinzip an Eltern richtet, die dich buchen können. Und dann hast du noch den Account für deine Studierenden oder deine Kursteilnehmer, denen du beibringst, wie Geburtstagsfotografie funktioniert.

00:46:03: Dr. Franziska Walther: Das sind ja komplett unterschiedliche Zielgruppen. Bist du da unterschiedlich vorgegangen mit der Entscheidung: Was poste ich da? Und mit der Überlegung, wie baue ich da Reichweite auf? Wie mache ich das? Wie positioniere ich diesen Kanal?

00:46:16: Susanne Krauss: Also ich denke, du musst jeden unterschiedlich positionieren. Aber ich würde sagen: Im Workflow sind alle gleich. Also die Art, wie ich damit umgehe oder was ich vorbereite (was ich super selten übrigens tue, entgegen aller Prognosen). Aber ich mache ganz viele Sachen, die eigentlich gegen die Prognosen sprechen. Aber in der Art, wie ich das auf die Zielgruppe zuschneide, das ist natürlich total unterschiedlich.

00:46:41: Susanne Krauss: Zum Beispiel ist auf meinem Geburts-Fotografie-Kanal so gut wie nie was los. Und ich thematisiert das dann ungefähr einmal im Jahr und sage: Tut mir leid, Leute, dieses Jahr wieder nicht geschafft. Weil ich denke: Wer den finden will, der gibt Geburts-Fotografie und in meinem Fall – ich komme aus München – also Geburts-Fotografie München oder Geburtsfotografin und München ein.

00:46:59: Susanne Krauss: Und dann findet er zwei, drei Accounts. Denn inzwischen gibt es durch meine Workshops Leute in München, die auch inzwischen Geburts-Fotografinnen sind. Und dann guckt er sich die an und das ist wirklich meine Grundhaltung, gilt für alles. Dann sagt er sich: Finde ich schön – oder nicht. Und wenn er es schön findet, sagt er: Okay, der spaziere ich hinterher. Und wenn sie sagen:

00:47:19: Susanne Krauss: Also die Fotografin XY aus München, die finde ich viel schöner, dann wird sie der folgen. Und das heißt, ich muss auch gar keinen neuen Content permanent erstellen, weil da ist ja schon was, wo die sich durchklicken können. Dieser Account stagniert in den Follower-zahlen, was aber, wenn man in die Insides schaut, nicht bedeutet, dass es so ist, dass da kein neuer mehr dazukommt.

00:47:39: Susanne Krauss: Man darf ja auch nicht vergessen, es gibt immer wieder pro Monat 100 Leute, die Instagram wieder kündigen oder keinen Bock mehr haben und gar nicht mehr aktiv sind. Und wenn die kündigen, fliegen sie auch als Follower bei mir raus. Also das heißt – es kommen ganz leise trotzdem welche dazu – wie bei dem anderen Geburts-Account auch.

00:47:57: Susanne Krauss: Das sind ja nur Leute, die speziell dieses Thema wollen. Das heißt, da ist echt wenig los bei mir, aber es tut bisher den Anfragen keinen Abbruch. Also erlaube ich mir, da nur zwei, drei mal im Jahr was zu machen. Da sind dann auch nicht so viele Likes drauf, weil der Algorithmus hat mich längst vergessen. Aber es reicht offensichtlich ja doch. Gut, genau bei dem zweiten Account ist es so, dass ich schon punktuell und zwar immer, wenn ich eine neue neun Workshop in der Pipeline habe.

00:48:23: Susanne Krauss: Dann muss ich mich zusammenreißen und muss da einfach mal ein bisschen was posten, damit der Algorithmus überhaupt wieder ein bisschen anspringt. Weil ich ja, anders als bei Geburten, die übers ganze Jahr angefragt werden, die Leute schon darauf aufmerksam machen muss, dass übrigens wieder ein neuer Kurs stattfindet. Das heißt, es gibt so zwei, drei Mal im Jahr bei mir dann so Spitzen, wo ich sag: Jetzt poste ich mal wieder ein paar Wochen was und dann wird es wieder relativ ruhig.

00:48:50: Susanne Krauss: Und bei dem großen Account mit den Illustrationen ist das Schöne – der macht einfach in dem Sinne Spaß, dass ich den ja eigentlich gar nicht direkt zur Akquise nutze, sondern aus Freude. Und das heißt, ich kann posten, wozu ich Bock habe und weil es eben Bilder sind, stelle ich ein Bild rein, wenn ich was neues gezeichnet habe.

00:49:11: Susanne Krauss: Dann gibt es auch einen Shop und es bestellen dann vielleicht ein paar Leute, wenn ich Glück habe. Genau. Und die Verlage reagieren aber, denke ich, wieder ähnlich wie die Kund*innen bei den anderen beiden Kanälen. Ob die jetzt uralte Posts sehen oder aktuelle, ist denen scheißegal. Hauptsache sie sehen, dass ich existiere und was ich mache.

00:49:28: Dr. Franziska Walther: Ja, total spannend. Ich finde es schön, wie du das aufschlüsselt und auch sozusagen mal den Gedanken hier aussprichst und damit auch erlaubst, dass man sehr unterschiedlich damit umgehen kann und dass es auch wirklich darum geht, zu überlegen, was will ich damit eigentlich erreichen? Wen will ich damit erreichen? Und was braucht es dafür? Und sich dann auch freimacht von diesen Ergebnissen.

00:49:49: Susanne Krauss: Ja, aber auch hier: Ja, ich habe auch schon Phasen gehabt, wo ich mit Instagram angefangen habe ... also nur auch wieder mal schnell eine Looser-Geschichte – eine die zeigt, wie scheiße man sich fühlen kann. Ich habe bei Instagram damals als Fotografin angefangen, weil meine Steuerberaterin gesagt hat: Geh doch mal zu Instagram. Und ich hatte bei Facebook schon keinen Spaß und habe das dann auch bei Instagram wirklich sehr griesgrämig reingestellt. Weil ich nicht die Personen fragen wollte, die ich fotografiert habe ...

00:50:15: Susanne Krauss: das muss ja bei Porträts immer machen ... ob die das auch erlauben, habe ich nur Naturfotos reingestellt. Und dieser Account war ein sehr müder Account, für den sich keine Sau interessiert hat. Und dann habe ich mich aufgerafft, habe doch Porträts von Prominenten gepostet – da muss nicht nachfragen, weil öffentliche Personen.

00:50:41: Susanne Krauss: Und erst als ich mich davon freigemacht habe und auch die Erfahrung auf den anderen Accounts gesammelt habe, ... und ich glaube, die Phase durchlaufen wir alle bei Instagram, dass man da anfängt, dann merkt: Man oh, irgendwie plätschert das nur so, so mehr schlecht als recht vor sich hin. Und dann sehe ich einen Account.

00:51:01: Susanne Krauss: Der macht etwas ganz Ähnliches wie ich und hat viele Follower. Dann denkt man schnell: Was mache ich falsch? Dann fängt man an in seiner Verzweiflung an, weil man vielleicht noch ein bisschen neurodivergent ist, zu doom-scrollen und switcht sich durch 1.000 Accounts, um dann abends mit Tränen in den Augen ins Bett zu fallen. Das kenne ich alles.

00:51:23: Susanne Krauss: Ich habe das als Kind immer Fernseher-Gefühl genannt. Das ist war so ein Gefühl als Kind, wenn man den Fernseher ausschalten musste. Also scheußlich. Denn man hat sich an dem Tag nicht bewegt, war nicht draußen und die beste Freundin hat man auch nicht zurückgerufen. Tatsächlich ging das erst weg mit dem Account, auf dem ich dann gesagt habe: Ist mir scheißegal. Das ist mein Fotografie-Account, den ich immer so schlecht bespiele.

00:51:42: Susanne Krauss: Da poste ich jetzt nur noch, was mir Spaß macht. Da habe ich auf einmal festgestellt: Oh ja, auch Instagram kann Spaß machen, weil in dem Moment, wo du sagst, ich mache das wirklich nur für die vielleicht fünf Hanseln, die regelmäßig liken. Das sind vielleicht fünf Leute. Das ist eigentlich schon total viel. Also das ist mehr, als man Feedback bei einem Verlag kriegt, wo nur die Lektorin sagt, dass es schön ist. Man muss sich das ja auch mal klarmachen: Wenn du 100 Follower hast, dann sind es schon über drei Schulklassen, die alle schon sagen: Ich interessiere mich für Franziska.

00:52:14: Susanne Krauss: Wenn es dann noch was ist, wo du sagst, es ist mir jetzt gar nicht mehr wichtig, dass dabei sofort was rausspringt, ich teile einfach, was mich bewegt. Da fing es an Freude zu machen dann. Und zum Thema »Privat«: Ich poste total wenig Privates. Also es gibt so ein paar Sachen, die alle dem Algorithmus eigentlich schaden müssten.

00:52:33: Susanne Krauss: Ich teile wenig, wie es bei mir zu Hause ausschaut und Familienfeste sowieso nicht. Ich poste nicht regelmäßig, ich plane es nicht vor, ich folge keinem langfristigen Ziel. Dann gibt es bei den Reels diese Hooks. Das kriege ich immer wieder eingespielt. Ja, du musst den Hook-Moment an den Anfang auf die erste Sekunde setzen. Ich achte nie drauf, sondern ich verlasse mich wirklich immer drauf,

00:52:59: Susanne Krauss: Was mag ich? Das oll nicht eingebildet klingen. Aber wirklich: Was mag ich. Weil dann ist es wieder wie bei der Partnerwahl. Die Frauen, die vielleicht auch 58 sind und zu Hause hocken und heute mal wieder keinen Sport gemacht haben und irgendwas für die Seele brauchen, die finden das jetzt vielleicht gut. Und so ist es dann auch.

00:53:16: Dr. Franziska Walther: Ja, das ist ja ganz oft so, dass wenn man ehrlich teilt, was einen beschäftigt und was einen erfüllt, dann zieht es Leute an, die oft sehr ähnlich sind. Ja, das ist ein total schönes Gefühl. Ich kenne das auch und das macht mich immer sehr glücklich, wenn ich merke, ich ziehe Leute an, die an das Gleiche glauben wie ich.

00:53:36: Dr. Franziska Walther: Die genauso ticken wie ich. Ja, und wir sind uns ähnlich und das freut mich dann immer sehr.

00:53:42: Susanne Krauss: Also das habe ich, um es mal umgekehrt zu sagen ... jetzt haben wir nur über mich geredet ... Das ging mir genauso, als ich deinen Podcast entdeckt habe und deine Website. Also ich gebe zu, ich habe dich irgendwie über die Illustratoren Organisation auf dem Schirm gehabt, aber als ich den Podcast gehört habe, habe ich mir auch: Wow, wie cool. Endlich mal eine, die nicht sagt »Wie du in drei Monaten von null auf 100 Kund*innen kommst« und diesen ganzen Scheiß, weil: Mal ganz ehrlich.

00:54:06: Susanne Krauss: Eigentlich wissen wir das alle, dass das nicht stimmt. Wir fallen da immer nur wieder drauf rein. Endlich eine, die das einfach sagt. Und ich würde mal behaupten, bei meinem Geburtsfotografie-Workshop-Kanal mache ich das auch so, dass ich sage: Als Geburts-Fotografin wirst du dir keine goldene Nase verdienen und du hast scheiß Arbeitszeiten manchmal und es ist frustrierend, wenn dir die Kund*innen zum Dritten Mal abspringen, wenn du ein Portfolio-Shooting hast.

00:54:29: Susanne Krauss: Aber und ich habe das Gefühl, mir hilft es auch viel mehr, als wenn jemand so anfängt wie der Staubsaugervertreter zu reden.

00:54:39: Dr. Franziska Walther: Danke, dass du das mit mir teilt. Es freut mich sehr, dass dir das aufgefallen ist, weil das ist mir auch wirklich wichtig.

00:54:46: Susanne Krauss: Ist mir aufgefallen. Also jetzt bin ich ja natürlich auch die stolze Interviewpartnerin, aber auch bei den Leuten, die du schon da hattest, hab ich noch nie einen bei dir gehört, den ich jetzt unsympathisch fand. Sondern ich habe immer das Gefühl, die Menschen sind auch alle ähnlich. Also z.B. Tim Weiffenbach, das ist schon ein paar Wochen her. Ich kenne ihn auch nicht persönlich, aber ich habe mir gedacht, er müsste nett sein.

00:55:06: Susanne Krauss: Also ich habe mich ja quasi schock-verliebt, wenn ich das auf meine alten Tage sozusagen sagen darf, was der gesagt hat, weil es so schön war und der gehörte auch immer zu denen, die man als Illustrator*in aus der Ferne sieht, dann denkt man sich Wow. Genau.

00:55:22: Dr. Franziska Walther: Ja, ja. Wobei das wirklich einfach ist. Ich finde, in der Illustration existieren hauptsächlich sehr, sehr freundliche, ja liebenswerte Menschen. Und das macht unsere Berufswelt auch so besonders. Es ist einfach ein schöner Ort. Das sind echt viele tolle Leute.

00:55:41: Susanne Krauss: Also das kann ich bestätigen. Es gibt auch sehr viele nette Fotograf*innen, aber bei den Illustrator*innen, soweit ich das beurteilen kann, über die verschiedenen, in die ich schon reinschnuppern durfte, finde ich auch. Ich wüsste jetzt keinen einzigen. Also wirklich, ich gehe jetzt gerade auch hier in München, die ich kenne, so durch, der unangenehm wäre. Sondern das sind so feine Menschen und oft so sehr sensible Menschen, die leider oft ihr Licht viel zu weit unter den Scheffel stellen und gerade auch die, die am ganz talentiertesten sind.

00:56:14: Susanne Krauss: Also habe ich früher bei unserem Stammtisch auch oft erlebt, sind die, die ganz still sind und wo die Welt manchmal gar nicht die Chance hat, zu erfahren, was für großartige Genies sozusagen dahinter stecken.

00:56:27: Dr. Franziska Walther: Das stimmt ja. Ja, das ist wahr. So ist eine gute Überleitung. Ich habe eine Abschlussfrage für dich, und das passt gut zu dem, was du gesagt hast, zu der Beobachtung: Was hast du denn früher als Stärke gesehen, aber heute, mit deiner Lebenserfahrung, siehst du es nicht mehr als Stärke?

00:56:50: Susanne Krauss: Coole Frage und echt jetzt überraschend, aber finde ich cool. Also du meinst bei anderen oder bei mir?

00:56:57: Dr. Franziska Walther: Sowohl als auch.

00:56:59: Susanne Krauss: Ja doch, da hat sich echt viel getan. Ich kann es nur sagen, was mir spontan einfällt, sowohl bei anderen als bei mir. Ich habe früher sehr großen Ehrgeiz und Fleiß und Zuverlässigkeit als die größte Stärke gesehen. Also ich war froh, dass ich im Studium die jüngste war damals, die abgeschlossen hat, weil ich dachte, das ist eine Auszeichnung und eine gute Note.

00:57:23: Susanne Krauss: So, also ich war schon, obwohl ich teilweise grottenschlecht in der Schule war, eine innere Streberin. Heute würde ich das als Schwäche bezeichnen. Also Ausdauer ist gut, Disziplin ist auch gut. Alles in Maßen. Aber ich glaube, dieser Ehrgeiz ... wie soll ich das sagen? Dass man meint, man würde nicht glücklich werden, wenn man bestimmte Dinge nicht erreicht ... auch wenn ich jetzt die Ganzheit vom Ziel setzen erreichen gesprochen habe ...

00:57:50: Susanne Krauss: Aber manchmal hängt man ja so fest, sieht Kollegen und denkt sich: Die will ich auch sein. Also ich glaube, das kennen wir alle. Aber dadurch, dass ich eben schon ein bisschen länger auf der Welt bin, habe ich auch schon relativ viele Leute verloren, die nicht mehr leben. Und manche haben auch eine Krankheit gehabt, wo sie noch eine Zeit hatten, bevor sie verstorben sind.

00:58:15: Susanne Krauss: Darüber zu reflektieren, was sie am meisten vermissen werden, wenn sie nicht mehr da sind. Und keiner von denen hat gesagt, die Karriere oder dass ich jetzt da irgendwo den ersten Platz gemacht hätte. Sondern jeder sagt: Familie oder schöne Momente mit mir. Gerade in dem Beruf, wo man wirklich ... ich kann schlecht beurteilen, aber ich glaube schon das Künstler ... weil das der einzige Beruf ist, den ich kenne ... ein Beruf ist, wo man gleichzeitig mit Menschen, die man mag so sehr um denselben Fressnapf kämpft. Und Illustrator*innen

00:58:53: Susanne Krauss: Das sind herzenswarme Menschen. Die wollen, dass es anderen auch gut geht. Und denen fällt es natürlich dann besonders schwer, sollten sie jemanden auch den Job weggeschnappt haben. Und gleichzeitig leiden sie aber auch besonders, wenn man ihnen den Job wegschnappt. Dann würde das wieder greifen, wenn man sagt: Wenn ich jetzt hier noch einen Brotjob hab und es nur noch für mein Herz mache und für die drei, die das lieben.

00:59:18: Susanne Krauss: Z.B. die drei älteren Damen, die auf einer Ausstellung bei mir dann immer noch ein kleines Bildchen kaufen, obwohl sie schon drei auf dem Klo hängen haben, aber die lieben mich. Für die mache ich das auch. Und von denen weiß ich vielleicht auch, die eine hat einen scheiß Mann zu Hause oder die ist sehr krank oder so. Wenn ich mir das bewusst mache,

00:59:38: Susanne Krauss: dann ist es pure Freude und nach der lohnt sich es zu streben.

00:59:44: Dr. Franziska Walther: Danke Susanne, Was für ein tolles Gespräch. Ich danke dir sehr, dass du uns mitgenommen hast auf eine kleine Zeitreise und dass du auch deine Erfahrung mit uns geteilt hast. Vielen, vielen Dank dafür.

00:59:57: Susanne Krauss: Ja, gerne. Schade, dass ich dir nicht noch mehr Fragen gestellt habe.

01:00:01: Dr. Franziska Walther: Vielleicht können wir das mal nachholen. [Ende Interview] Das war das Interview. Wie geht sie denn jetzt damit? Hast du vielleicht beim Zuhören gemerkt, wie viel Druck du dir manchmal machst, wenn du deine Arbeit sichtbar machen möchtest? Und hast du vielleicht auch gedacht: Hm, das klingt wohltuend, dem inneren Kompass zu folgen? Wenn dir das so ging und du diese Folge weiterdenken möchtest für dich.

01:00:27: Dr. Franziska Walther: Dann nimm dir zum Abschluss gern noch diese drei Fragen mit. Frage Nummer 1: Was ist die eine kreative Richtung, die du immer wieder klein machst, zurück nimmst oder verschiebst, obwohl sie eigentlich mehr Raum haben will? Frage Nummer 2: Wo versuchst du gerade, dich passend zu machen statt dich klar und ehrlich zu zeigen, wie du bist? Und Frage Nummer 3: Was würde sich ändern, wenn du dir erlauben würdest, in deine Vielseitigkeit zu vertrauen und sie als Stärke zu sehen?

01:01:00: Dr. Franziska Walther: Das sind die drei Fragen für heute. Und hier noch kurze Randnotiz in eigener Sache: Wenn du jetzt denkst: Ja, ich möchte meine Positionierung mit all meinen vielseitigen Interessen und Expertise-Feldern klar formulieren und meine Sichtbarkeit so aufbauen, dass es sich wirklich nach mir anfühlt ... wenn du das denkst, dann lade ich dich hiermit noch einmal ganz kurz, aber umso herzlicher in mein Live-Gruppen-Programm ein – in die Portfolio-Akademie.

01:01:28: Dr. Franziska Walther: Dort arbeiten wir an genau diesen Fragen gemeinsam – über 14 Wochen lang und ohne dich dabei in irgendeine Schublade oder Schablone zu pressen. Den Link mit weiterführenden Infos dazu findest du in den Shownotes. Und damit wünsche ich dir für heute alles Liebe. Danke, dass du hier bist und den Podcast hörst. Wir hören uns wie der nächste Woche. Ich freue mich auf dich.

01:01:52: Dr. Franziska Walther: Bis dahin.

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